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Dirk Hübner (Greifswald) - Philosophie und Religion, oder: Vernunft und Mystik(1) Herr Hübner teilte mir zunächst am 12.12.01 über das Kontakt-Formular mit: (12.12.01) Urteil: sehr gut Nach Lektüre seiner über den angegebenen Link erreichbaren Kritik im Hinblick auf meine Auffassung zu Ethik und Metaphysik antwortete ich am 14.12.01 in einer ersten Reaktion: Lieber Herr Hübner, seien Sie bedankt für Ihre Zusendung, ebenso für Ihr Interesse an meinen Seiten wie deren Verlinkung (so bald ich dazu komme, werde ich einen entsprechenden Gegenlink auf Ihre Seiten legen) – inzwischen habe ich Ihre Website besucht und mir Ihren ("kritischen") Text ausgedruckt. Helmut Walther – Stellungnahme zu Dirk Hübner vom 04.01.02: In seiner "Ethik und Metaphysik" überschriebenen Kritik unternimmt Hübner zunächst eine recht ähnliche Beschreibung des menschlichen Geistes wie ich selbst in meinem "Versuch einer Kategorisierung des Geistes" wie auch mit dem Text "Was ist Metaphysik": daß man zwischen der funktionellen und der existentiellen Beschreibung dieses Geistes unterscheiden müsse (ähnlich wie schon Aristoteles Form und Inhalt geschieden hat) ohne doch zuletzt aus dem Auge zu lassen, daß dieser in sich geschichtete Geist eine Einheit darstellt. Auch diese Schichtung der Systeme Instinkt, Emotio und Ratio findet sich bei H. wieder, allerdings wird dabei erstens ein problematischer "Person"-Begriff eingeführt, zweitens wird die Zunahme des Indeterminismus bereits im Tierstadium ("freie nichtdeterministische Handlungen") behauptet. Mit einer solchen Annahme befindet sich H. nicht nur im Widerspruch zu allen materialistischen wie naturwissenschaftlichen Auffassungen (s. insbes. die Experimente Libets), sondern auch zu philosophischen Anschauungen im Gefolge Kants, etwa bei Schopenhauer, Feuerbach und Nietzsche, der Psychologie seit Freud wie auch der evolutionären Erkenntnistheorie (Kanitscheider, Vollmer u.a.). Im Gegensatz dazu sehe ich selbst die Emotio im Tierreich als vollständig determiniert an – das animalische Individuum steuert die Konditionierungen seines Emotio-Potentiometers nicht als "selbst", sondern es wird von dieser emotionalen Innenwahrnehmung (Empfindung) dieser Potentiometerausschläge gesteuert. Erst die Ratio erlaubt die Reflexion der Emotio (Gefühl) – aber auch diese Ratio ist damit noch lange nicht "frei" im Sinne eines Indeterminismus: Wohl gestattet sie eine Unterdrückung von instinktiven und emotionalen Impulsen ("Vetotheorie"), aber auch die Ratio selbst urteilt entlang an genetischen und tradierten Konditionierungen, die das Individuum wiederum "fremdbestimmt" determinieren. Soviel bereits zu den Grundunterschieden bei teilweise ähnlichem Ansatz; noch weiter verbreitert wird der Graben zwischen den beiden Auffassungen durch den in der ersten Stellungnahme bereits angesprochenen dezidierten Dualismus von H., dem ich keinesfalls zu folgen vermag: "Niemals jedoch wird sich die Materie in einem lebendigen Zustand befinden wie der Mensch. Man muß deutlich zwischen einem natürlich-organischen, unbewußt-nichtfühlenden Leben und dem subjektiv-existentiell-geistigen, bewußt-fühlenden Leben unterscheiden – analoge gleichsetzende Vergleiche zwischen dem natürlich-hierarchischen und dem geistig-ganzheitlichen Leben sind unzulässig." "Wir müssen aus diesem Grunde ein in Freiheit wirkendes unbewußtes Prinzip (Logos-Sinn) annehmen, das die Evolution in die personale Richtung lenkt, ansonsten wäre der menschliche Geist, der immer persönlicher Geist ist, ja nur ein rein materielles Epiphänomen. Die fortwährende Neuartigkeit des Geistes läßt sich rein materialistisch nicht erklären." "Nichtkausale Vorbedingungen auch für die Evolution stellen das unergründliche Nichts und der Logos-Sinn dar. Letzterer offenbart sich gänzlich erst dem zur Freiheit bestimmten Menschen als Logos-Gott bzw. als das sinnfüllende Göttliche in uns (Liebe, Freiheit, Wahrheit verbunden mit einem wahrhaften Ganzheitsgefühl..." Es ist die Natur selbst, die in der Schichtung der verschiedenen Systeme durchaus immer wieder "analog" vorgeht, und selbst unser funktionaler Geist arbeitet (neben der Gleichheit) vor allem mit dem Mittel dieser Analogie. Ähnlichkeiten und deren Subsumierung machten die Welt für Lebewesen erst "erkennbar" – wenn H. diese "Analog-Verbindung" zwischen dem menschlichen Geist und der Natur nicht akzeptiert, zerreißt er das Band zwischen beiden – und wie sich aus all seinen Äußerungen ergibt, ist er denn auch konsequenter Dualist. Von da aus frage ich mich dann, warum er mit mir als ausgemachtem Monisten die Diskussion sucht, da doch beide Positionen keinesfalls unter einen Hut zu bringen sind und die sich daraus ergebenden Konsequenzen notwendig widerstreiten müssen. Die Annahme von "nichtkausalen Vorbedingungen", des "unergründlichen Nichts", eines "Logos-Sinnes" u.v.a.m. sind nichts anderes als Glaubenspostulate, die ihren Realitätsbeweis auf ewig schuldig bleiben müssen, da sie nur dem Glauben "zugänglich" sind, nicht jedoch dem funktional-rationalen Wissen. Insofern vermischt hier H., ohne uns und sich dies deutlich zu machen, die von ihm selbst zunächst mitgetragene Unterscheidung zwischen funktionellem und existentiellem Geist. Letzterer allerdings muß (oder sollte) sich ent-schließen, um in der eigenen Existenz zum Handeln zu gelangen – aber vorher sollte sich der funktionelle Geist soweit erhoben haben, um für die eigene Existenz jegliches falsch-metaphysische Postulat auszuschließen. Soweit H. hier auf die tatsächlich problematische "Höherentwicklung" abhebt und diese "nichtkausal" nennt – um damit das evolutionäre Denken auszuhebeln –, berührt er zwar einen "wunden Punkt", schießt aber mit seinem Dualismus und seiner Kritik einer "allumfassenden Evolution" weit über das Ziel hinaus. Die Unvorhersehbarkeit einer Entwicklung wie etwa derjenigen des menschlichen Geistes wie des Lebens selbst bedeutet noch lange nicht eine "Nichtkausalität" – ohne die jeweils vorhergehenden Errungenschaften der Materie wie des Lebens wären beide keinesfalls auch nur irgendwie denkbar, und so sind Materie und Leben sehr wohl kausal für Leben und Geist. Was H. zu Recht ablehnt, ist der sog. "starke Reduktionismus", der alle Errungenschaften einer Neuentwicklung auf deren "Bausteine" kausal reduziert. Aber von einer solchen Auffassung gehen heute nur noch die wenigsten ernsthaften Wissenschaftler wie Philosophen aus – vielmehr hat sich hier der "schwache Reduktionismus" und die "Emergenz" als wohl herrschende Auffassung etabliert: Genetische und wohl auch kulturell-epigenetische Neukombinationen können vorherige Evolutionsschritte qualitativ überflügeln – so erscheint unsere Vernunft vor 2500 Jahren ebenso unvorhergesehen in der Welt (nachdenkenswerter Weise aber in verschiedenen Kulturen [Griechenland, Indien, China] fast gleichzeitig und unabhängig voneinander!) wie die Voraussetzung dazu, die Heraufkunft der Säugetiere, angesichts der vorhergehenden Herrschaft der Saurier unvoraussagbar war. In all diesen Evolutionsschritten liegt keine kausale Notwendigkeit und keine Teleologie – genau letzteres aber ist es, was H. anstrebt und der Welt als innewohnendes Prinzip unterstellt: Die "nur" materielle Ebene läuft für ihn auf eine vorgegebene "geistige" Sphäre zu, die sich quasi aus der Materie heraus "restituiert" und etwas ganz anderes als diese ist: Der Weg dazu ist der Mensch und seine Kultur: "Der Mensch ist das zur Freiheit bestimmte Wesen an sich." Deshalb unterstellt H. mit dem "freien schöpferischen Akt bzw. einem personal-ganzheitlichem Schaffen" das ("fortwährende") Ende(n) "der natürlichen Evolution", also "mit dem ersten Auftreten personal-freier Handlungen". Obwohl er hier von "nachweislich" redet, muß von da an der "Gottmensch" und der "Logos-Sinn" als Begründung herhalten (und natürlich "Kosmos" und "Liebe"), alles andere als neu (das Johannes-Evangelium sagt auch nichts anderes ...), aber eben nur Glaubens- und keine Beweissätze. Es sind immer die gleichen Versatzstücke der Vernunft selbst (die doch schon Feuerbach als Projektionen erkannte und vom Himmel auf die Erde holen wollte), die hier in ihrer eigenen Selbstüberhöhung sich selbst, ihre eigenen Sehweisen in den Himmel hineinmalt, wie sie diese in der eigenen Realität nicht findet – Vernunftmystik seit Platons, Buddhas und Laotses Zeiten. Jeder dualistische Jenseitsglaube, unter welchem Namen er sich auch verbirgt, etwa derjenige, daß "erst der Geist real erscheint", sowie die Behauptung: "Primär ist die geistige Realität, sekundär die äußere." – dasselbe wird von Platon bis zum heutigen Papst behauptet ... – all dies flieht aus dem selbstreferentiellem Wichtignehmen einer Vernunft, der das Dasein in dieser Abtrennung von der eigenen Sinnlichkeit "herzlich schlecht" erscheint, die einzige Diesseits-Realität, die Menschen zur Verfügung steht, wie es schon Nietzsche richtig festgestellt hat. Von diesen unterschiedlichen Ausgangspunkten aus, bei H. eine offenbar als allgemeingültig behauptete, wiederum nicht bewiesene "individuell-religiöse Grundintuition", in der die Vernunft unvermittelt und wie auch immer ins Seiende gekommen ist, bei mir im Versuch einer sich an den erkennbaren Phänomenen im Konnex von Natur und Kultur orientierenden Erkenntnis des Bestehenden als Phylo- und Ontogenese, – von solch einer Differenz aus macht es dann keinen Sinn, auf die unterschiedliche Stellung etwa zur Ethik einzugehen. Allerdings wird bei H. hier deutlich, daß er durch den eigentlichen, weil auch noch die Sehweisen der Vernunft auflösenden Nihilismus noch gar nicht hindurchgegangen ist, da er diese Ethik der Vernunft noch für etwas Lebendiges hält – er steht nach wie vor innerhalb des Reflexionshalbkreises dieser Vernunft, eine Stellung, die spätestens mit Nietzsche phylogenetisch überholt ist, weshalb er auch "ethisch" und "religiös" gleichsetzt... Hingegen hat für mich "Ethik" als das die Moral des Verstandes überlagernde Erkenntnis- und Verhaltenssystem der Vernunft seine Lebendigkeit (wenn auch keinesfalls seine Funktion und die fortbestehende Notwendigkeit desselben!) längst eingebüßt – die Regression des "modernen" Menschen in Pragmatismus und Lust zeigen es ja nur allzudeutlich. Daß die falsch-metaphysische Auffassung des menschlichen Geistes bei H. wenig naturwissenschaftlich fundiert ist, zeigt sich an folgendem Beispiel: "Stirbt z. B. ein Mensch, so löst sich sein personaler Geist nicht in einzelne Bestandteile auf, die existentiell fortbestehen können. Erlöscht der personal-lebendige Geist, so erlöschen auch alle seine Aspekte (Liebe, geistige Freiheit, Leid und Freude, Gewissen, aber auch Ratio usw.) zugleich. Der personale Geist ist nicht teilbar im Gegensatz zu materiellen Dingen. Damit ist klar, daß die Aspekte des personalen Geistes nicht entsprechend natürlich-hierarchischer Ordnungsprinzipien funktionieren bzw. sich nicht evolutionär hochorganisieren." Wie sehr der menschliche Geist in seinen verschiedenen hierarchischen Funktionen sehr wohl teilbar ist, tut die moderne Neuobiologie dar, insbesondere in den Fällen von Geistesstörungen und Hirnverletzungen, wie sich leicht etwa bei Damasio ("Ich fühle, also bin ich", s. dazu meine Anmerkungen auf dieser Website) nachvollziehen läßt. H. umgeht diese Problematik, indem er das Sterben zur Grundlage seiner Argumentation macht – aber die Störungen dieses Geistes sind viel aussagekräftiger! Je nach dem von der Störung betroffenen Zentrum in der Hierarchie dieses Geistes fallen emotionale, verstandesmäßige oder vernunftbedingte Leistungen eben dieses Geistes aus, ohne daß doch deswegen die jeweils anderen Fähigkeiten dieses selben Geistes betroffen sein müssen. Wie etwa der Fall Phineas Gage zeigt, ist dieser "personale Geist" sehr wohl teilbar, denn dieser konnte noch jahrzehntelang nach einer Hirnverletzung, die seine emotionale Selbstwahrnehmung zerstörte, mit Hilfe seiner weiterhin störungsfrei funktionierenden Ratio weiter existieren. In dieser Hinsicht gibt es jedenfalls die verschiedensten Fälle, je nach betroffener Funktion und Schicht, die trotz Schädigung dieses (ein-)teilbaren Geistes in eingeschränkter Form zu existieren vermochten. H. aber will wie bereits Heidegger den menschlichen Geist völlig von Natur und Evolution abtrennen, und so nimmt er nicht zur Kenntnis, daß bereits in der tierischen Natur die meisten Vorformen unserer sozialen Verhaltensweisen wie Liebe, Freude und Leid bereits vorhanden und von daher unser genetisches Erbe sind, ausdifferenziert und auf die kulturelle Ebene erhoben mittels unserer Ratio. Noch weniger Sinn scheint mir eine Diskussion über meinen Buddhismus-Artikel am Beispiel Nishitanis zu machen – die Argumentation H.s fällt hier so metaphysisch, dualistisch und mystisch aus, daß eine "Kommunikation" (wie sich auch an der unterschiedlichen Verwendung dieses Begriffes zeigt ...) durchaus unmöglich erscheint: "Wahrhaft ethische Philosophie ist eschatologische Metaphysik. Wahrhaft eschatologische Metaphysik ist das konsequente symbolische (und nicht abstrakte) weiter- und zu Ende denken der gottmenschlichen Liebe." Solche Sätze scheinen mir eher auf die Kanzel zu gehören – ich kann damit existentiell nichts anfangen, und funktionell halte ich sie für falsch und sogar gefährlich: Es sind und waren immer die "Eschatologen", von Jesus über Marx, ja und auch noch bis Hitler, die die Menschheit mit ihren vernunftideologischen "letzten Zielen" ins Unglück im Namen von "Wahrheit" und "Liebe" gestürzt haben, im Namen ihrer eigenen "Wahrheit", und einer "Liebe", die immer nur jenen galt, die sich dieser "Wahrheit" anschlossen. Da lobe ich mir allerdings doch den "Heiden" Achilles, der lieber im niedrigsten Stande auf dieser Erde leben wollte als als Fürst in der Unterwelt! Der Tod lehrt uns nicht, wie H. glauben machen will, hehre metaphysische Einsichten von Jenseits, Liebe und Wiederkehr und die Freude in mystischen Gefilden (die nichts als reiner Selbstbezug und so gesehen die höchste Form des Egoismus ist, und gleichzeitig die Teilnahme an der einzig vorhandenen Realität in der Kommunikation in Kultur und Natur verweigert) – er lehrt vielmehr das Ende dieser einen und einzigen Existenz desjenigen, der seinen eigenen Tod denkt; und deshalb sollte ein solcher nicht auf ein Jenseits oder sonstige Echatologien schielen, wie sie bereits das sog. "Neue Testament der Liebe" bereit hält, sondern darauf sehen, an diesem Leben nach Maßgabe seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten teilzunehmen, sich den Menschen und der Natur hinzugeben im Doppelsinne dieses Wortes – so wird er eine erfüllte Existenz mit all seinen "Kommunikationssystemen" real erleben, anstatt sich über all dieses im Medium der Phantasie der eigenen Vernunft zu erheben. An manchen Stellen macht das Wissen H.s um die "kosmischen Zusammenhänge" tatsächlich staunen: "denn es geht nicht nur um das Diesseits, sondern vor allem auch um das Jenseits, d.h. um Gott in uns selbst, der wiederum ohne uns Menschen (ansatzweise auch ohne höherentwickelte Tiere) nicht als bewußter Gott (Gott-Sinn) existiert, sondern nur als unbewußter Logos-Sinn innerhalb der notwendigen Welt im Verbund mit der Freiheit aus dem Nichts heraus in eine personale Richtung wirken kann. Dabei ist dieser Logos-Sinn im überaus starken Maße von den natürlich-kosmischen Bedingungen abhängig und an diese partiell gefesselt. Wer so sehr über "Gott selbst" und dessen Existenzbedingungen Bescheid weiß, dem müßte man beinahe ein "göttlicheres Wissen als Gott selbst" zuschreiben, insofern der Beurteilende ja mindestens auf der gleichen Stufe stehen muß wie der Beurteilte, am besten aber doch wohl etwas höher ... Auch seine Kenntnis des "Logos-Sinnes" und dessen geradezu prometheisch an den Fels der Erde geschmiedete Lage ist offenbar eine sehr intime – ich als mich in dem, was ich meine wissen zu können, auf die Ratio Verlassender frage mich da: Woher weiß er das alles? Wenn da Dinge "zur Sprache drängen", über die man doch im Wittgensteinschen Sinne nur schweigen, vielleicht? deuten kann, wie auch etwa: "Dagegen ist die mystische Erfahrung des Gottmenschlichen eine weltzugewandte Gemeinschaftserfahrung und wird im schöpferischen Erwachen der gottmenschlichen Liebe zum Nächsten, zur anderen göttlichen Person ursprünglich geboren." dann frage ich mich: mit welchen anderen "Gottmenschen" hat H. in diesem Falle "Gemeinschaft", auf welche wirklich erlebten Kontakte beruft er sich da? Persönlich kenne ich aber auch nicht einen einzigen Zeitgenossen (und ich kenne nicht wenige, gerade auch philosophisch, also doch wohl am "Logos-Sinn" Interessierte), der zu einer derartigen "gottmenschlichen Liebe zum Nächsten" fähig wie willens wäre – vielmehr nehme ich an, daß es sich bei solchen Sätzen wiederum um Postulate handelt, um Phantasieprodukte, die alles andere als ausgerechnet weltzugewandt sind.(2) Jesus sagte einst, wenn man seinen Evangelisten trauen kann, fast Identisches, etwa im "Wo drei in meinem Namen beisammen sind ..." – das war damals aber eine bewußte Predigt: "Ich aber sage euch ..." Ist es das, was H. mit solchen Sätzen sagen will? Über derartiges läßt sich jedenfalls – und da hat der Papst auf ewig recht – nicht diskutieren: Ablehnung oder Zustimmung ist hier die Frage. Wählen Sie. Daß Sie, statt wie schon Nietzsche wußte, solche Gegensatz-Wahlen lieber "auf Eis zu legen", wählen müssen und sollen, behauptet jedenfalls unser Autor, denn nach ihm "sind diesseitige Macht und reine Gesetzlichkeit Ausgeburten der Häßlichkeit und des Bösen." Wie oben schon vermutet, "Jenseits von Gut und Böse", das sind ihm fremde Gefilde ... Vielmehr scheint sein Gott nur das Gute zu lieben, und dazu "sehnt [er] sich nach der dynamisch schöpferischen Kraft des Menschen, mit dem erst er frei und undogmatisch zusammenwirken kann." – ausgerechnet. Konsequent wird "Gott" als "leidend" beschrieben, denn nur Wenige sind halt mit solcher "Gottmenschlichkeit" ausgestattet, daß sie Gott von seinem Leiden erlösen können – "Erlösung dem Erlöser?" Wohl ja: "Ich sage: Grundlegend ist die Gerichtetheit der Werte gegeben (Ewigkeit)." Wer solches der Welt zu verkünden vermag, ist offenbar ein "Gesalbter", der Gott selbst noch erlöst. Zuletzt noch ein direktes Wort an meinen Kritiker: Lieber Herr Hübner, insgesamt haben Sie, denke ich, meine Auffassungen (abgesehen von der Ethik) recht gut verstanden. Denn nur unter dieser Voraussetzung waren Sie genötigt, in fast allen wichtigen Punkten eine gegenteilige Überzeugung zum Ausdruck zu bringen. Leider läßt sich zwischen solchen Gegensätzen dann keinesfalls irgendwie "vermitteln", etwa im Wege der Hegel’schen Triade; aber ich denke, dritte Leser können sich am Aufeinanderprallen gegensätzlicher Standpunkte ein gutes Bild davon machen, was denn für sie selbst die besseren Argumente sind – und auch eine solche Auseinander-Setzung im besten Wortsinne ist so gesehen dann eine durchaus sinnvolle Form der Kommunikation. Anmerkungen: (1) Dieses Thema ist für mich tatsächlich schon lange sehr interessant im Spannungsverhältnis zwischen Existenz und Wissen – womit meines Erachtens das eigentliche Grundverhältnis ausgedrückt ist. Daher habe ich unter anderem ein gleichnamiges Buch von Prof. Mynarek rezensiert (und teilweise kritisiert); diese Rezension finden Sie mit diesem Link zu "Vernunft und Mystik". (2) H. ist nicht der erste Mystiker bzw. Dualist, der in meinen Auffassungen Teile seiner eigenen wiederzuerkennen meint und von daher mit mir das Gespräch einerseits sucht, andererseits mich dann doch mit mir völlig entgegenstehenden Überzeugungen konfrontiert. Mehrfach habe ich dazu über längere Zeiträume und bis in die Einzelheiten ausgreifende schriftliche Dialoge geführt – bis ich zur Einsicht kam, daß hier nichts zu vermitteln ist. Vielmehr gerät dabei meine offene rationale Haltung, die sich mit allen Phänomenen, so insbesondere und ausdrücklich auch mit den mystischen wie den dualistischen befaßt und sie in eine monistische Gesamtschau einzubegreifen sucht, umso eher deshalb ins Hintertreffen, als sich die Opponenten von einem geschlossenen irrationalen Standpunkt aus der rationalen Argumentation nur zu eigenen Überredungszwecken bedienen, sie fast schon mißbrauchen – ohne sich allerdings dessen bewußt zu sein. Der Unterschied in nuce: Der Mystiker bzw. Dualist steht sich nicht selbst kritisch, selbstkritisch gegenüber, sondern er hat eine vorausgehende und unhinterfragte Überzeugung, die es zu bestätigen gilt. Beitrag von Joachim Goetz (Nürnberg) vom 12.01.2002 Die Auseinandersetzung mit Dirk Hübner über Dualismus und Monismus, empfinde ich als eine klare, grundsätzliche Stellungnahme zum Monismus über den aktuellen Anlass hinaus, wobei Hübners Vorstellungen durchaus nützlich sind, weil man gerade daran aus moderner, rationaler Sicht die Schwächen des Dualismus und die Vorzüge des Monismus deutlich machen kann. Beitrag zur Mystik-Vernunft-Diskussion von Bernd Ehlert (Sinntal) vom 02.10.2002 Zunächst einmal muß ich sagen, daß die Länge des Diskussionsbeitrages von Herrn Hübner im Grunde jegliche weitere Diskussion behindert, wenn nicht gar abwürgt. Damit eine Diskussion einen Sinn erhält, gerade auch für neu "Dazustoßende", sollte sie sich doch auf überschaubare Punkte beschränken und dann erst, wenn sie denn fruchtbar ist, Schritt für Schritt fortschreiten. Man hätte sich so zu aller erst einmal über einen Punkt klar und bewußt werden müssen, den auch Herr Walther kritisiert, nämlich ob in einem Standpunkt Glaubenselemente enthalten sind. Herr Hübner schreibt: Wir müssen aus diesem Grunde ein in Freiheit wirkendes unbewußtes Prinzip (Logos-Sinn) annehmen, das die Evolution in die personale Richtung lenkt, ansonsten wäre der menschliche Geist, der immer persönlicher Geist ist, ja nur ein rein materielles Epiphänomen In meinem Ansatz behaupte ich einen unbewußt wirkenden Logos-Sinn, der sich dynamisch-ganzheitlich in der Natur nicht verwirklichen kann und erst im Menschen als Person schöpferisch-immanent als Logos-Gott wahrgenommen wird – als ethische Grundintuition – als persönlichkeitsimmanente Liebe – als höchstes personal-ethisches Prinzip. Diese Aussagen hätten für einen ersten Diskussionsbeitrag vollkommen ausgereicht, denn auch mit mir hätte hier keine Übereinstimmung stattgefunden und jede weitere Diskussion ist schlicht sinnlos, wenn über diesen grundsätzlichen Punkt keine Einigung erzielt wird. An diesem Punkt stoßen nicht nur zwei verschiedene Ansichten, sondern zwei grundsätzlich verschiedene Methoden aneinander. Der gravierende Unterschied der beiden Methoden kann sehr anschaulich am Beispiel des ‚Vitalismus´ dargestellt werden. Dieser Glaube nimmt eine geheimnisvolle Lebenskraft an, der alle Lebensprozesse und -erscheinungen steuern soll. Hätte die frühere Biologie diesen bis weit in das letzte Jahrhundert hinein sehr populären Glauben als Ursache der Evolution der Lebewesen angenommen und als eine absolute Wahrheit betrachtet, die über jeden Zweifel erhaben ist, wäre der genetische Code mit seiner natürlichen Besonderheit bei dem Kopiervorgang der Replikation, also den zufälligen Mutationen im Zusammenhang mit der Selektion, als eigentlicher Motor der Evolution nie entdeckt worden. Diese vermutete Lebenskraft des ‚Vitalismus´ läßt sich aber nicht in der Welt nachweisen, und zwar einfach deswegen nicht, weil diese planerische Kraft nur in der Phantasie und im Glauben existiert. Die Wissenschaft verwarf daher gemäß ihrem Grundsatz diese Hypothese einer Lebenskraft und suchte weiter nach einer natürlichen Erklärung. Erst der genetische Code mit seiner Replikation und Mutation im Zusammenhang mit der Selektion erklärt das Evolutionsprinzip auf vollkommen natürliche Weise durch rein chemische und physikalische Prozesse, was darin nichts anderes als die Vernetzung mit diesen naturwissenschaftlichen Disziplinen ist. Jacques Monod schreibt in seinem Buch "Zufall und Notwendigkeit" (dtv, München 1991): Wie sicher man sich auch seit Ende des 19. Jahrhunderts ihrer Geltung für die Erscheinungswelt war und obwohl sie die gesamte Biologie beherrschte – die Evolutionstheorie hing sozusagen in der Luft, wie es keine physikalische Theorie der Vererbung gab. Die Hoffnung, bald dahin zu gelangen, erschien noch vor dreißig Jahren trotz der Erfolge der klassischen Genetik wie ein Traum. Das jedoch, was man suchte, bietet heute die Molekulartheorie des genetischen Code. "Theorie des genetischen Code" verstehe ich hier im weiten Sinne: Sie umfaßt für mich nicht nur die Einsicht in die chemische Struktur der Erbsubstanz und die in ihr enthaltene Information, sondern auch in die molekularen Mechanismen des morphogenetischen und physiologischen Ausdrucks dieser Information. (Monod, 19) Metaphysische Erklärungen, Kräfte oder Wesenheiten, die darin sinnlich und empirisch nicht wahrnehmbar und nachweisbar sind, weil sie nur auf Glauben beruhen, lehnt die moderne Naturwissenschaft strikt ab. Dadurch definiert sie sich und darauf baut ihr durchschlagender Erfolg auf. Der amerikanische Biologe Edward O. Wilson bestimmt als Kriterium oder Prüfstein für die Wahrheit einer Lehre die Forderungen von William Whewell, der 1840 als erster von "Konziliation" sprach, einem buchstäblichen "Zusammensprung" des Wissens durch die interdisziplinäre Verkettung von Fakten und den darauf basierenden Theorien mit dem Zweck, eine allgemeine Erklärungsgrundlage zu schaffen. Whewell schrieb: "Die Konziliation von Induktionen findet statt, wenn eine Induktion, die anhand einer Kategorie von Fakten erzielt wurde, sich mit einer Induktion deckt, die anhand einer anderen Kategorie von Fakten erzielt wurde. Diese Konziliation ist der Wahrheitstest für die Theorie, in der sie zutage tritt." (Wilson, "Die Einheit des Wissens", Goldmann, München 2000, 15ff) Demnach ist für jede Lehre oder Aussage, die als objektiv wahr gelten soll, die Bestätigung in einer anderen, unabhängigen Disziplin zu fordern. In erster Linie ist dabei die Verkettung, Vernetzung oder Bestätigung mit der materiellen Ebene bzw. mit der physikalisch-chemischen Disziplin anzustreben. Im Falle der Evolutionstheorie erfüllte das die Molekulartheorie des genetischen Codes auf eindrucksvolle Weise, auf so eindrucksvolle und anschauliche Weise, daß wir heute mehr und mehr dazu in der Lage sind, in diese Prozesse aktiv einzugreifen, egal wie man dazu stehen mag. Die Lebenskraft des ‚Vitalismus´ läßt sich dagegen in keiner Weise mit der physikalisch-chemischen Ebene in Einklang bringen, d.h. es gibt keinerlei Versuche auf der materiellen oder körperlichen Ebene, mit der sich diese Kraft auch nur annäherungsweise näher bestimmen läßt. Die angenommene Lebenskraft des ‚Vitalismus´ existiert dagegen nur in unserer Phantasie, genauso wie ein Logos-Sinn oder dergleichen. Eine Diskussion auf wissenschaftlicher Grundlage ist nur sinnvoll, wenn es gelingt, etwa diesen Logos-Sinn als eine natürliche Kraft zu bestimmen, die sich mit mehr oder weniger jedem Phänomen dieser Welt widerspruchsfrei vernetzen läßt und dabei das geistige Sein des Menschen umfassen erklärt. Dafür gibt es aber nicht den geringsten Anhalt, d.h. es gibt keine unabhängige Bestätigung für diese Kraft und daher ist eine weitergehende Diskussion genauso sinnlos wie mit jedem Aberglauben. Ich möchte nun aber einmal versuchen, eine widerspruchsfreie Vernetzung zwischen zwei gänzlich voneinander unabhängigen religiösen Lehren herzustellen, die dann in dieser Vernetzung auch nicht im Widerspruch zur naturwissenschaftlichen Lehre stehen, sondern diese eher konstruktiv stützen. Ich meine damit die Lehre des von Herrn Walther schon angesprochenen christlichen Mystikers Meister Eckhart mit der des ursprünglichen Buddhismus. Dazu zwei Zitate aus der Einleitung des Buches "Meister Eckehart -Deutsche Predigten und Traktate", Josef Quint, Diogenes Taschenbuch 20642, Zürich 1979: Nein, der Tempel muß ledig und frei sein, wie das Auge frei und leer sein muß von allen Farben, soll es Farbe sehen. Alle jene Bilder und Vorstellungen aber sind der Balken in deinem Auge. Drum wirf sie hinaus, alle Heiligen und Unsere Frau aus deiner Seele, denn sie alle sind Kreaturen und hindern dich an deinem großen Gott. Ja, selbst deines gedachten Gottes sollst du quitt werden, aller deiner doch so unzulänglichen Gedanken und Vorstellungen über ihn wie: Gott ist gut, ist weise, ist gerecht, ist unendlich: Gott ist nicht gut, ich bin besser als Gott; Gott ist nicht weise, ich bin weiser als er, und Gott ein Sein zu nennen, ist so unsinnig, wie wenn ich die Sonne bleich oder schwarz nennen wollte. Alles, was du da über deinen Gott denkst und sagst, das bist du mehr selber als er, du lästerst ihn, denn, was er wirklich ist, vermögen alle jenen weisen Meister in Paris nicht zu sagen. Hätte ich auch einen Gott, den ich zu begreifen vermöchte, so wollte ich ihn niemals als meinen Gott erkennen. Drum schweig und kläffe nicht über ihn, behänge ihn nicht mit den Kleidern der Attribute und Eigenschaften, sondern nimm ihn "ohne Eigenschaft", als er "ein überseiendes Sein und eine überseiende Nichtheit" ist in seinem "Kleidhaus", in der stillen "Wüste" seiner Gottheit namenlos. (Quint, 30) Denn, liebst du Gott, wie er Gott , wie er Geist, wie er Person und wie er Bild ist, – das alles muß weg. ‚Wie denn aber soll ich ihn lieben?‘ – Du sollst ihn lieben wie er ist ein Nicht-Gott, ein Nicht-Geist, eine Nicht-Person, ein Nicht-Bild, mehr noch: wie er ein lauteres, reines, klares Eines ist, abgesondert von aller Zweiheit. Und in diesem Einen sollen wir ewig versinken vom Etwas zum Nichts. Dazu verhelfe uns Gott. Amen. (Quint, 355) Meister Eckhart spricht seinem Gott nicht nur alle Eigenschaften ab, er spricht ihm auch das Sein ab. Jeder Aussage, jeder Verkündigung, jeder Verehrung und jeder Religion wird damit der Boden unter den Füßen weggezogen. Alle Religionen haben trotz ihrer Widersprüchlichkeiten das eine gemeinsame Ziel, daß sie unser (persönliches) Sein verewigen wollen, Meister Eckhart will genau das Gegenteil, "wir sollen vom Etwas zum Nichts versinken". Buddhistisch gesagt, ist unser Sein nur eine Illusion, genauso wie die Welt an sich, der wahre Grund der Welt ist "Leere". Auch die Evolutionstheorie findet nicht den geringsten Hinweis auf eine Sonderstellung des menschlichen Seins, wir sind eine genauso flüchtige und vergängliche Erscheinung wie ein Tier, eine Pflanze oder eine Welle im Ozean. Für eine bestimmte Zeit haben wir ein Sein, aber im Grunde war es nur eine Spielart des Ganzen, es hat als dieses bestimmte Sein keine Substanz. Doch was ist dann dieses Nichts, diese Leere? Nach Meister Eckhart hat dieses Nichts kein Sein. Die "Dinge an sich" nach Kant gibt es so gar nicht, alles ist nur geschaffen und vergänglich. "Sein" ist daher wie "Raum" und "Zeit" eine Anschauungsform unseres Geistes, wobei keine dieser drei Anschauungsformen ohne die beiden anderen vorstellbar ist. Ein Sein läßt sich nur in Zeit und Raum vorstellen, Zeit läßt sich nur anhand eines Seins bestimmen usw. Wir nehmen so eine Welt mit verschiedenen Seinsarten in Raum und Zeit wahr, doch was sich darüber hinaus im Jenseits befindet, können wir nicht wahrnehmen. Wenn wir das versuchen, wie auch im Falle des Urknalls, d.h. wenn wir fragen, was eigentlich vor dem Urknall war, ist das, was wir dort zu erkennen meinen, nicht ein jenseitiges Sein, sondern im Grunde erkennen wir dabei nur die Anschauungsformen unseres Geistes. Wir können uns so selbst ein Nichts nur als Sein in Zeit und Raum vorstellen. "Dort", jenseits der Welt, "ist(et)" nichts. Die Vorstellung, daß, wenn diese Welt geschaffen ist, etwas da sein muß, das diese Welt geschaffen hat, ist eine Vorstellung dieser Welt, die aber jenseits dieser Welt keine Gültigkeit besitzt. Die Vorstellung, wie diese Welt geschaffen ist, wird für "uns" und unser kausales Denken immer ein Mysterium bleiben. Wenn wir meinen, die Erschaffung der Welt, also Vorgänge jenseits der Welt erkannt zu haben und diese scheinbare Erkenntnis dann in der Welt (als religiöse Überzeugung) etablieren, so ist das nicht ein Erkennen jenseitiger Dinge, sondern lediglich eine Erweiterung von Welt, allerdings ohne Verbindung zu den grundlegenden Gesetzmäßigkeiten dieser Welt, d.h. ohne Vernetzung zur materiell-körperlichen Ebene. Diese angeblichen jenseitigen Dinge, Wesen oder Kräfte besitzen kein körperlich-materielles Sein, sie existieren nur in unserer Phantasie. Die verschiedenen Ansätze solcher Erklärungen widersprechen sich dabei auch untereinander (als Religionen). Der einzige Zugang zu dem überweltlichen Nichts für uns ist nach Meister Eckhart der, daß wir unsere Nichtigkeit erkennen. Dazu gehört auch, daß wir die Grenzen unserer Erkenntnis und die Bedingungen wahrer und objektiver Erkenntnis erkennen. Wir sollten so aufhören mit den Fragen, ob es jenseits dieser Welt irgend etwas gibt und wie dieses Etwas mit uns und der Welt zusammenhängt. Diese Fragen sind sinnlos. Für die Aussage, daß Sein keine absolute Kategorie, sondern nur eine Anschauungsform unseres Geistes ist, spricht auch der Umstand, daß es der (Teilchen-)Physik trotz aller Erfolge bis heute noch nicht gelungen ist, auf der materiellen Ebene ein substantielles, d.h. ewig unverändertes Sein zu finden oder zu bestimmen, mit dessen Hilfe zumindest der materielle Weltprozeß umfassend erklärt werden kann. Substantielles Sein (auch als Gott) und umfassende Erklärung hängen dabei unmittelbar zusammen, d.h. eine umfassende Erklärung ist nur mit Hilfe eines substantiellen Seins möglich, das es aber nach Meister Eckhart nicht gibt. Alle Versuche über die Grenzen unserer Erkenntnis hinaus etwas zu erkennen, enden daher in Widersprüchen oder Paradoxien, egal ob in der Religion oder der Teilchenphysik. Wir sollten daher unsere Erkenntnisversuche auf den Bereich innerhalb der Welt beschränken. Dieses Weltgeschehen unterliegt einer strengen Gesetzmäßigkeit ohne übernatürliche Einflüsse und darin gibt es gerade hinsichtlich der Entstehung unseres Seins noch genug Interessantes zu entdecken, etwa die Rolle der Religion in der evolutionären Entwicklung unseres Seins. Anmerkung H. Walther (02.10.2002): Den Ausführungen von Herrn Ehlert stimme ich weitgehend zu, insbesondere dem zu unter "Konziliation" Gesagten: Deckt sich dies doch weitgehend mit meiner eigenen Methode, die kategorielle Hypothese der Unterscheidung von Emotio (als Empfindung und Gefühl), Verstand und Vernunft auf den verschiedensten Gebieten kultureller Phänomene induktiv durchzutesten (etwa in Ethik und Moral, Religion, Philosophie oder Musik), was genau der von Whewell/Wilson aufgestellten Forderung entspricht: "Die Konziliation von Induktionen findet statt, wenn eine Induktion, die anhand einer Kategorie von Fakten erzielt wurde, sich mit einer Induktion deckt, die anhand einer anderen Kategorie von Fakten erzielt wurde." Obwohl die Schilderung der Denkweise von Meister Eckehardt weithin meiner Sehweise entspricht, unterscheide ich mich hier von der Auffassung Ehlerts im Hauptpunkt, wenn dieser die Auffassung des Seins wie des Nichts bei Eckehart und Buddha und die daraus zu ziehenden Konsequenzen miteinander identifiziert (s.a. meinen Artikel "Das Wesen des Menschen im Spiegel des Buddhismus": "Dieses westlich gedachte Nichts bedeutet das existentielle Sich-Einlassen auf die Nichts-Würdigkeit alles Seienden einschließlich des eigenen Weges bis hin und einschließlich dieser Erkenntnis der Nichtswürdigkeit: erst dann wird das Individuum zu Nichts, es erstirbt sich selbst und gibt dadurch der Gottheit Raum, um von jener aufgefangen zu werden.
Beitrag von Kurt Roller, Veringenstadt, vom 20.08.2003 Bei Ihrer Kontroverse Dualismus - Monismus erinnert mich manches an Schlachten der Vergangenheit etwa an den Streit zwischen Nominalismus und Realismus oder zwischen Idealismus und Materialismus. Sie haben zwar jetzt den Dualismus von D. Hübner und anderen gründlich widerlegt oder als bloßen Glauben entlarvt. Daraus folgt aber nicht automatisch, dass nun der Monismus richtig oder gar "wahr" wäre. Es lässt sich nämlich zeigen, dass auch der Monismus metaphysischer Natur ist und dass er nicht weniger gefährlich sein kann als ein dualistischer Glaube. Letzteres betrifft mögliche politische Folgen, auf die Sie in S. 5 oben Ihrer Reaktion auf D.H. anspielten. Ob der Monist behauptet, es gäbe nur eine Welt oder nur ein einziges Prinzip, das ihr zugrunde liegt, in jedem Fall sind solche Aussagen von so umfassender Allgemeinheit, so hoher Abstraktion, dass sie nicht falsifizierbar, geschweige denn zu verifizieren sind. Derartige Sätze können entweder nur geglaubt oder als inhaltsleer abgelehnt werden. Denn in der Wirklichkeit sind wir immer und überall mit einer Vielzahl von verschiedenen Phänomenen konfrontiert, die nur in Teilbereichen und in beschränktem Ausmaß auf gleiche Grundlagen oder Ursachen zurück geführt werden können. Dafür bieten nicht zuletzt die Naturwissenschaften zahlreiche Beispiele. Alle Kategorien, Hypothesen und Theorien haben nur eine begrenzte Tragweite. So gesehen erweist sich der Monismus als Reduktionismus höchster Potenz! Gerade auf die modernen Naturwissenschaften kann sich der Monist in keiner Weise berufen. Die Physik ist bis heute nicht über den Dualismus Teilchen-Welle hinweg gekommen. Und eine Konsequenz der Quantentheorie ist zum Beispiel die Viele-Welten-Hypothese, jetzt erneut aktuell, vgl. Spektrum der Wiss. Heft 8/03. Man kann also sowohl Dualismus wie Monismus in den gleichen Topf der dogmatischen Metaphysik werfen. Die "Vermittlung", die Sie ansprechen, oder die Synthese, wäre in unserem Falle allerdings der philosophische Pluralismus (wenn man sich nicht gleich mit einem skeptischen Relativismus begnügen will). Im Politischen entspricht diesem Pluralismus die pluralistische Demokratie, die der Offenen Gesellschaft die größten Chancen bietet. Der Monismus dagegen korrespondiert der Monokratie, der Autokratie, der Diktatur einer Partei, einer Meinung. Marx und Genossen waren monistische Materialisten. Und der von Ihnen zitierte Hitler war in seinem Rassenwahn ebenfalls Monist. Die Übertragung von Kategorien einer Einzelwissenschaft auf eine andere ist stets mit Vorsicht zu genießen. So machen die Kategorien Verstand und Vernunft in der Psychologie sicher einigen Sinn, in der Physik wären sie völlig daneben. Umgekehrt lässt sich mit Elementarteilchen in der Psychologie auch nicht viel anfangen. Gefährlich wird es, wenn es zur "Diktatur" von Kategorien einer speziellen Wissenschaft über alle andern kommt oder gar über das gesamte Denken der Gesellschaft. Denn dann haben wir genau das, was im öffentlichen Leben als "Ideologie" oder als totalitäre Weltanschauung auftritt und der politischen Diktatur parallel läuft. So spiegelt sich die demokratische und pluralistische Gesellschaft eben auch in der Vielzahl und Vielseitigkeit der Einzelwissenschaften und der grundsätzlichen Gleichberechtigung ihrer jeweiligen Voraussetzungen, Begriffsstrukturen und Methoden. Das will natürlich nichts gegen interdisziplinäre Brückenbegriffe besagen, wie etwa "System" oder "Information", die aber gleichfalls nicht verabsolutiert werden dürfen. Einige wenige Anmerkungen dazu (H. Walther - 22.08.2003): Wie aus meinem Text jedem verständigen Leser klar werden sollte, setze ich dem Dualismus Geist-Materie bzw. Jenseits-Diesseits einen Monismus gegenüber, der sich auf die Immanenz beschränkt; dies ist wahrlich keine "alte Schlacht", sondern genau dieser Dualismus ist nach wie vor in allen Religionen wie auch etwa in der metaphysisch-mystischen Auffassung von D. Hübner, gegen den sich mein Text ja wendet, enthalten. Dieser "Monismus" steht nicht für einen stark reduktionistischen Materialismus, was ausdrücklich gesagt wird; vielmehr meint hier der Begriff vor allem dieses: Beschränkung auf die Immanenz, innerhalb derer und aus der heraus alle Phänomene der Welt entstehen, einschließlich des Geistes.
Beitrag von T. Rueß vom 24.08.2003
Ihre Replik auf die Monismusfrage fand ich sehr gelungen. Inhaltlich hat sie mich sehr überzeugt, wegen der Offenheit ihrer Entscheidung. Hier geht es garnicht um eine Entscheidung. Es geht um den besten Weg zur Wahrheit.
Ob der nun monistisch oder dualistisch vorankommt, ist völlig unerheblich. Sie sind der . Besucher seit dem 04.01.2002. Dank für diesen Counter an http://www.digits.net/ |