Versuch einer Kategorisierung des Geistes*

von Helmut Walther (Nürnberg)


Überblick

I. Geistige Bedeutung
1. Erste Kategorie – Ästhetik
2. Zweite Kategorie – Ethik/Metaphysik
3. Doppelreflexion – Transzendenz
4. Ich und e.v.-migratio
5. Innerlichkeit / Selbst / Mischtyp
6. Sprache, Gedanke, Evidenz und Inspiration

II. Neuronale Bedeutung
1. Unterlagen: DNS, Vegetativum, Instinkt, Emotio-Empfinden
    axonale und dendritische, horizontale und vertikale Vernetzung, Schichtung des Neokortex
2. Erste Kategorie – Verstand und Emotio-Gefühl
3. Zweite Kategorie – Vernunft/Rezeption und Reflexion
4. Doppelreflexion – Eröffnung neuer Vernetzung
5. "Denken"
    a) Denken an sich und Bewußtsein
    b) Gedächtnis (Sinnes- und Personalgedächtnis)
6. Das Ich als fingierte Instanz

III. Élan vital
1. Schichtendes Agens
2. Konzentration in Innerlichkeit
3. Das Numinose / Transzendenz

Hier soll versucht werden, einen kurzen Überblick über den Gebrauch und Zusammenhang solcher Begriffe zu geben, die zwar in jeder Untersuchung auftauchen, die sich mit dem Phänomen Geist auseinandersetzt, und von daher als Begriffe bekannt sind; welche jedoch hier in einem ganz bestimmten Wortsinn und Zusammenhang gedacht werden, der sich vom gebräuchlichen Verstand dieser Begriffe in mancherlei Hinsicht abhebt. Andere zentrale Begriffe werden hier zum ersten Mal in dieser Weise verwendet oder überhaupt erst neu geprägt, so daß der Begriffsgehalt zunächst mitgeteilt werden muß, um den entsprechenden Vorstellungen folgen zu können.

Die meisten Grundbegriffe werden aus der Natur der Sache heraus für zweierlei Sachverhalte verwendet:

a) wie sie in geistiger Hinsicht dasjenige bewirken und vermögen, was wir als die spezifisch menschlichen Fähigkeiten des Geistes an uns selbst wahrnehmen.

b) daß diese Sachverhalte eine neuronale funktionale Basis haben, die mit den gleichen Begriffen abgedeckt werden muß.

So meint etwa die "erste Kategorie" einen ganz bestimmten neuronalen Vernetzungszustand, gleichzeitig jedoch direkt daraus folgend einen konkret-individuellen geistigen Bestand, der in seinem Auswickeln von der neuronalen Basis abhängig ist.

Im folgenden soll daher zunächst auf den geistigen Bestand des Menschen und dessen Kategorialität eingegangen werden, um von da aus den Zusammenhang mit der neuronalen Kategorialität herzustellen; schließlich ist dasjenige in den Blick zu nehmen, was hier das eigentlich Bewegende und Kategorieschaffende sei.

I. Geist umschreibt dasjenige Vermögen, welches den Menschen vom Tier unterscheidet. Sein Spezifikum ist in funktionaler Hinsicht die helle Wahrnehmung von Sachverhalten, welcher Wahrnehmung auf dem Innenspiegel Dauer verliehen werden kann. In existentieller Hinsicht versichert Geist das Individuum seiner lebendigen Innerlichkeit.

1. Erste Kategorie ist die Grundform allen menschlichen Geistes, wie er sich phylo- und ontogenetisch ausbildet. Alle Bewertungen werden hier letztlich unbewußt von der Emotio durchgeführt und im Fühlen verstanden – dies ist der Verstand als Hemmung der tierischen Empfindung, indem durch ihn und als er selbst die Abreviatur der Gefühle aufgebaut wird. Dieser Typ wird auch als Ästhetiker bezeichnet. Verstand ist zusammengesetzt als vertikale Vernetzungserhöhung aus dem gehörten Wort (Sprache) und dem Vorspringenden für die Sinne (Piktogramm).

2. Die zweite Kategorie baut als zweite und neuere Form der Ratio vertikal auf den Ergebnissen der ersten Kategorie auf und ist dasjenige, was hier insbesondere als Vernunft bezeichnet wird (im bewußten Gegensatz zum Verstand der ersten Kategorie). Die vertikale Erhöhung der Plattform des Innenspiegels zieht eine neue Perspektive des Geistes als Vernunft hervor, indem durch weitere Hemmung des Verstandes in seiner Verbindung mit der Emotio und deren unbewußter Bewertung eine neue Vergleichsoperation eingeschoben wird; mit dieser Operation vermag einmal anstelle der unbewußten Emotio-Bewertung nach der rationalen Richtigkeit gefragt wie zum andern das Gleiche im Verschiedenen gesehen werden.

Damit tritt die Fähigkeit zur Abstraktion in die Welt, die Metaphysik fragt nach dem wahren Wesen der Dinge (griechische Philosophie). In der Ausbildung des Einzig-Richtigen durch die Vernunft entstehen die Ideale und "das Wahre", weshalb dieser Typ auch als Ethiker bezeichnet wird.

3. Doppelreflexion ist derjenige Zustand des Individuums, in welchem es durch zweifachen Reflexionsgang die Werte und die Ich-Stelle der ersten und zweiten Kategorie, also Gefühle und Ideale, reflektierend bewußt gemacht und damit als Tragende aufgelöst hat, um frei zu werden für die Erweiterung der Kategorien.

4. Die "Stelle" des Ich wird bestimmt durch e.v.-migratio; e.v. ist die Abkürzung für "élan vital" (d.h. in etwa Lebensschwung), ein Begriff, der von Bergson entliehen ist und im hiesigen Gebrauch jenes treibende Agens bezeichnet, welches der Grund all dessen ist, was da ist. In anderen Worten: alles Seiende, vom Atom bis zum Menschen, ist deswegen dies Seiende, weil es sich, wie es ist, mit einer bestimmten Energie ins Umseiende hineinstreckt. Geist ist mithin eine Sublimation von Energie.

Migratio des e.v. besagt, daß dieser nichts Statisches ist, sondern daß der e.v. sich zunächst in der Ontogenese in den Lebewesen soweit hinaufbewegt, wie es der Art entspricht und diese ausmacht; beim Menschen vermag der e.v. durch Eigenaktivität des Geistes weiter "nach oben" zu migrieren. Beim normalen Durchschnittstypus endet die ontogenetische migratio in der ersten Kategorie, sodaß der fühlende Typus immer der weit überwiegende innerhalb der jeweiligen Generation und Population sein wird. Die Werte und Bewegungen des Ich werden hier fühlend ausgebildet und erlebt, das Ich ist insofern unreflektiert, man spricht hier auch gerne vom "Unbewußten" – dies wird hier als emotionale beziehungsweise intellektuelle Grenzwerte bezeichnet, weil bedingt durch Veranlagung beziehungsweise Art der Entwicklung ein individuelles Ende der Migration vorhanden ist, weshalb die vorgebliche Apriorität und "Richtigkeit" des eigenen Fühlens nicht hinterfragt wird/werden kann.

Jede Kategorie, so auch die zweite, kann als ein Kreisbogen gedacht werden, der sich aus den zwei Halbkreisen Rezeption und Reflexion zusammensetzt. Die Rezeptionsphase füllt die Kategorie mit der neuen Perspektive (s. etwa das wahre Wesen = Metaphysik der Griechen), der Umschlagpunkt zur Reflexion ist und wird bewirkt durch die e.v.-migratio, welche das neue Ich und das neue Numinose ausbildet, indem es sich als e.v. "in der Mitte" der neu rezipierten Kategorie setzt. Die Reflexionsphase entleert die Fülle der Rezeption und wird so schließlich zur Doppelreflexion.

5. Charakter, Ich und Selbst des Individuums unterscheiden sich durch die Kategorien. Die meisten heutigen Menschen sind Mischtypen, weil die Ergebnisse der zweiten Kategorie die Lebensbedingungen verändern und so notwendig auf die erste Kategorie zurückwirken, obwohl dieser Typus zu einer selbständigen Verarbeitung dieser Ergebnisse nicht in der Lage ist. Das bedeutet, daß die Rationalität beim Erstkategoriellen zwar gesteigert werden kann, aber keine e.v.-migratio stattfindet, sondern daß dieser in der Emotio verbleibt. Es ist dadurch möglich, individuell verschieden intellektuelle Grenzwerte aufzulösen und eine gewisse Konzentration des e.v. herbeizuführen, jedoch bleibt auch der Mischtyp letztlich immer an das Fühlen zurückgebunden.

Charakter ist dasjenige, wie das Individuum tatsächlich "objektiv" im Umseienden in Erscheinung tritt. Das Selbst des Ich ist der Bereich, wo das Ich die lebendige Bewegtheit des eigenen e.v. in Verstand oder Vernunft, als Emotio oder als Ethos/Ideal erlebt.

Innerlichkeit ist derjenige "Bereich" des Individuums, in welchem es sich entsprechend seiner Kategorialität zur Transzendenz verhält, indem es sich in gerichteter Konzentration des e.v. auf das Numinose bezieht, wie es sich der jeweiligen Kategorie zeigt.

6. Sprache ist das Bemächtigen von Welt durch und als Verstand; Grammatik ist das Abbild und die Funktionsweise dieser Inbesitznahme. Als das Eine des Verstandes ergreift Sprache die umseiende Welt in vertikaler Konditionierung der Zueinanderstellung von gehört/gesprochenem Begriff mit dem Piktogramm der vorspringenden Seiten eines Gegenstandes.

Eigentliches Denken beginnt erst mit der zweiten Kategorie, weil die Ratio als Vernunft erst durch die erneute Hemmung der Emotio als Gefühl auf dieser Kategorieebene frei wird zur Eigenbewegung auf dem Innenspiegel des Bewußtseins, wo es in der Verstandeskategorie in der Gefangenschaft intellektueller Grenzwerte/emotionaler Aprioritäten (Vorurteile) verbleibt. Allerdings werden partielle Fähigkeiten des eigentlichen Denkens sehr häufig beim oben genannten Mischtyp in der Rückwirkung der zweiten Kategorie durch Ausbildung erworben. Der Gedanke als Denkprodukt ist mithin ein Ergebnis der zweiten Kategorie als Eigenaktivität der Ratio. Wohingegen der "Gedanke" innerhalb der erste Kategorie "nur" eine bestimmte Form des (Sich-)Verstehens ausdrückt, das Ausdruck der Eigenaktivität der Emotio ist.

Evidenz ist die Bestätigung der ästhetischen (Emotio), utilitaristischen (Verstand), rationalen (Logik) oder existentiellen (Transzendenz) Richtigkeit durch den jeweiligen e.v. hinsichtlich eines Gedachten. Inspiration ist das Er-Leben neuer geistiger Gehalte, hervorgerufen durch den e.v. in konzentriert-gerichteter Innerlichkeit.

II. Geist ist in neuronaler Hinsicht ein Ergebnis des Anwachsens cerebralen Ergreifens von Welt durch Leben. Die cerebrale Ergreifensweise erweist sich als wesentlich wirkungsmächtiger als die bloße "Reaktion" durch Veränderung des Phänotyps über die verschiedenen Arten des Lebens, in welcher sich im übrigen auch bereits ein Anwachsen der Innen-Fähigkeiten des Lebens ausspricht, indem die nach außen gerichteten Erweiterungen des Phänotyps die cerebralen Leitungsfähigkeiten miterweitern. Letzte Folge ist der geschichtete Neokortex des Menschen.

1. Leben schichtet sich mit und als DNS in Phylo- wie Ontogenese über das Vegetativum (unbewußtes Nervensystem), Instinkt (ein- beziehungsweise zweiseitig für Sensorik geöffnete Programme), Emotio-Empfinden (Innenwahrnehmung der hormonalen Steuerung, Traditon über "Spielen und Lernen"). Die vertikale Auffächerung erfolgt durch axonale, die horizontale Verbindung der Neokortexschichten durch dendritische Vernetzung. Den axonal vernetzten Neokortexschichten entspricht die Kategoriestellung. Da von den im Neokortex anzutreffenden ca. sieben Schichten bisher erst vier bis fünf Schichten aktiv genutzt werden, sollte zunächst eine weitere Kategoriesteigerung innerhalb des Phänotyps "Mensch" zu erwarten sein (-> dritte Kategorie).

2. Die erste Kategorie des Menschen als Verstand basiert auf der ausreflektierten Emotio-Empfindung der Tiere: Höhepunkt der tierischen Emotio-Kategorie ist die interaktive Konditionierung von Tradition innerhalb der Art über die Selbstwahrnehmung der hormonalen Steuerung (Emotio-Potentiometer nach positiver und negativer Bewertung unter Auswertung der hormonalen "Schüttung"). Löst dies Potentiometer beim Tier die erforderliche Handlung direkt aus, so ist beim Menschen als neue Hemmung eine weitere vertikale Neuronalebene dazwischengeschaltet, der Verstand. Er eröffnet sich als neue Konditionierung, wird damit zur Innenwahrnehmung, als Sprache, Bild und Emotio-Bewertung miteinander vernetzt werden. Die Reflexionsphase des menschlichen Verstandes setzt zeitlich ein zusammen mit und als dasjenige, was wir Hochkultur nennen, also seit etwa 5000 Jahren vC. Reflexion bedeutet immer zunächst e.v.-migratio, hier in den Verstand; das heißt, die rezipierten Fähigkeiten werden nun aktiv von innen nach außen angewandt. Die Emotio verbleibt dabei als Gradmesser des Handlungserfolges. Ziel des Verstandes ist das utilitaristische Bemächtigen des Außen, seine Weise das Haben-Wollen.

3. Vorläufer und Beginnende der Rezeption der Vernunft als weiterer vertikaler, axonaler Eröffnung der zweiten Kategorie sind seit dem 8. Jh. vC die Propheten Israels und die Naturphilosophie in Griechenland; erstere auf dem Sektor der Innerlichkeit durch äußeren Druck, letztere als aktive Antwort auf die Erfahrung der Vielfalt des Seienden auf der Basis der Fähigkeit hin zu dieser Kategoriesteigerung. Die Rezeption der Vernunft wird in einem zweifachen Gang geleistet: in der griechischen Philosophie mit dem Höhepunkt Platon/Aristoteles, welche bis zum Umschlagpunkt und der e.v.-migratio vordringen. Die Verbreitung dieser Gedanken und der Wechsel des Numinosen (Zeitenwende/Monotheismus, basierend auf dem gleichen Kategoriewechsel) führen zunächst zu einem Rückschlag. In der Breite wird der Rezeptionsgang wiederholt bis hin zu Descartes, dem Umschlagpunkt zu Reflexion und Neuzeit. E.v.-migratio in die Vernunft erlaubt die aktive Untersuchung derjenigen Werte, die als rezipierende Vernunft in die Welt hineingelegt wurden. Kennzeichen der Vernunft ist das Sein-Wollen.

4. Die Durchreflektierung der Vernunft geht zweierlei Wege: einmal die dendritische Breitenauswicklung dieser Potenz, etwa als angewandte Wissenschaft und Technik, in welcher Hinsicht die Fähigkeiten der Vernunft noch nicht ausgeschöpft sind. Zum anderen als Durchreflektierung aller möglichen existentiellen Gehalte dieser Vernunft hin zur Doppelreflexion als Vorstadium zu einer axonalen Weiterentwicklung in Richtung auf eine dritte Kategorie.

5. "Denken" ist in den verschiedenen Kategoriestufen ein unterschiedlicher Vorgang:

    a) 1. Kat. Rezeption: helles sich selbst Erleben und Reagieren
        1. Kat. Reflexion: aktives ins Auge Fassen des Umseienden, um es zu bemächtigen.
    b) 2. Kat. Rezeption: Abstrahieren auf das "Wesen" der Dinge (Naturgesetze u. Metaphysik)
        2. Kat. Reflexion: Rücknahme der Werte unter Beibehaltung der Abstraktion, Ding und Mensch werden frei.

Das Was des Denkens wird bestimmt durch das Wie, das Wie ist Folge der Kategorievernetzung und des e.v.-Sitzes in Abhängigkeit vom Entwicklungs- und Traditionsbestand. Denken in allen Kategorien läuft ab im Bewußtsein; dies ist jener Innenspiegel, auf und als welcher sich zuallererst Verstand erbaute als jenes "Kombinationszentrum", mit und in welchem Sinnes- mit Sprachsignalen und Emotio-Bewertungen miteinander verknüpft wurden und werden, um sodann im Gedächtnis abgespeichert zu werden. Gedächtnis existiert in zweierlei Zugriffsweise:

a) als Sinnes- und Kategorial-Gedächtnis
b) als Personal-Gedächtnis.

zu a) In diesem Teil finden wir entsprechend der eigenen Kategorialität alle Erfahrungen, weil und wie wir ins Seiende gestellt sind. Gedächtnis ist immer und direkt mit den Sinneszentren verknüpft, für und als welche die neuronale Abspeicherung erfolgte, und von welchen allein die Kodierung in die entsprechende Bilder für das Bewußtsein und dessen Kurzzeitgedächtnis umgewandelt werden kann. Gedächtnis speichert als und für drei Bereiche (schematisch): in einem oberen Ring (Karteireiter) für Reflexe, als allgemeines (Karteikarte), als interessiertes (Inhalt der Karteikarte). Die Zugriffsart ist situationsabhängig und ab der zweiten Kategorie frei wählbar. Gespeichert sind von den jeweiligen Sinneszentren immer Piktogramm, Begriff (als gehörtes und geschriebenes Wort) sowie die emotionale beziehungsweise rationale Bewertung; all diese Zentren in ihrer dendritischen und axonalen Vernetzung müssen mithin bei der Reproduktion im Bewußtsein zum Aufruf der Vorstellung im Gehirn aktiv werden.

zu b) Das Personal-Gedächtnis gliedert sich in zwei Teile; einmal als das geschichtete Erinnerungsvermögen in einem Nacheinander der eigenen Entwicklung, soweit davon Bewußtsein (was hier in Wirklichkeit sowiel bedeutet wie Zugriffsmöglichkeit) vorhanden ist, zum andern als Bestand des Ich-Selbst als diejenigen Dinge und Werte, in denen das Individuum sich selbst als Selbst bewertet vom eigenen e.v. findet.

6. Dieses Ich(-Selbst) ist entsprechend der Kategorie eine unterschiedliche Instanz des Bewußtseins: vom Ich des Reagierens zum Ich des Haben-Wollens, vom Ich des Besser-Sein-Wollens zum Ich des ethischen Sein-Wollens zum Ich-Ich der Doppelreflexion.

III. Entscheidend für die Ausbildung von Ich und Selbst ist die e.v.-migratio, der "Sitz des e.v.".

1. E.v. ist das schichtende/treibende Agens durch alles Seiende, welches sich in seiner Auffaltung qualitativ modifiziert von Energie zu Geist. "Sinn" des Treibens wie des Schichtens ist das Umgreifen, sublimiert ausgedrückt die Steigerung der Kommunikation des Seienden untereinander.

2. Eigentlichkeit der Existenz wird nur erreicht in der Konzentration der Innerlichkeit auf den eigenen e.v. in Richtung auf die eigene Transzendenz; denn nur so ist der Anschluß an das "Höher" des Treibens dieses e.v. in die Erweiterung der Kommunikation möglich, und dieser Anschluß weist sich nur im eigenen Träger-Individuum lebendig aus (Evidenz, Inspiration).

3. Transzendenz ist das rationale Ziel und die rationale Grenze der Suche nach dem Umgreifen; das Numinose ist das existentielle Ziel des e.v., indem er sich hier mit jenem "Gesamt-e.v." zusammenschließt, der alles umfaßt, was ist und sein wird; welche gerichtete Innerlichkeit im Falle des rechten Treffens als lebendiges Sich-Selbst-Gegeben-Werden erfahren werden kann (s. etwa in der Mystik).

*Nachwort:
Dieser Versuch einer Kategorisierung des menschlichen Geistes und seine Begrifflichkeit hat schon einige Jahre auf dem Buckel; in diversen Diskussionen über diese Theorie hat sich herausgestellt, daß insbesondere die Begriffe "élan vital", "e.v.-migratio" und "Transzendenz" allzuleicht mißverstanden werden und von da aus diesen Standpunkt in den Verdacht der Metaphysik geraten lassen. Da sich diese Theorie als das gerade Gegenstück von Metaphysik versteht, erschien es mir später geraten, diese offenbar zu stark "vorbelasteten" Begriffe wo immer möglich durch funktionalere zu ersetzen. So spreche ich in späteren Arbeiten daher vom "lebendigen Ich-Zentrum", das sich individuell verschieden mit den verschiedenen Vermögen zu verbinden vermag, bzw. von der "Leitungsübernahme" durch das jeweils höhere Vermögen. Den Begriff "Transzendenz" habe ich mangels sich anbietendem Ersatz jedoch meist beibehalten, allerdings wird auch er in rein funktionaler Bedeutung verstanden als eine Bewegung über einen bestehenden Vorzustand hinaus; keinesfalls ist damit ein metyphysisches Prä- oder Propositum angesprochen, sondern eine immanent-emergente Ent-Wicklung.

Unter dieser Voraussetzung kann dieser ältere Versuch einer Einführung in die Kategorisierung des Geistes auch heute noch das Verständnis der hier mitgeteilten Artikel erleichtern.

Einen graphischen Überblick über den Aufbau des menschlichen Geistes in phylo- und ontogenetischer Hinsicht, wie er mit dieser Theorie erhellt werden soll, können Sie sich auf dieser Seite verschaffen.


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