Geist und Bewußtsein II Eine Diskussion mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Gehirnforschung und KI Helmut Walther (Nürnberg) |
Neben dem auf einer eigenen Seite vorgestellten Themenkreis zu Erkenntnis und Wissenschaft unter dem Titel "Sokrates und Platon" interessierten meinen Mitdiskutanten T.R. und mich insbesondere die Fragen nach Geist und Bewußtsein, die im Mittelpunkt vieler heutiger Forschungsvorhaben stehen, sei es auf dem Gebiet der Philosophie oder der Naturwissenschaft. Insgesamt ist allen Beteiligten klargeworden, daß zur Beantwortung dieser Fragen viele bislang allein vor sich hinwerkelnde Fachbereiche sich gegenseitig ergänzend zusammenarbeiten müssen, was heute unter dem Namen "Kognitionswissenschaft" zu leisten gesucht wird. Die (sehr umfangreiche!) Diskussion versucht die in Frage stehenden Probleme zu umkreisen und überhaupt erst entsprechende Definitionen bereitzustellen sowie die bisherigen Ergebnisse der Wissenschaft zu benennen und womöglich philosophisch zuzuordnen. Damit nimmt diese Seite meine eigenen Überlegungen zu dem hier ebenfalls vorgelegten Text "Geist und Bewußtsein I" auf. Diskussionsbeiträge der Leser zu dieser heute wohl spannendsten wissenschaftlichen und philosophischen Problematik sind sehr willkommen. T.R.: Beginnen möchte ich mit einem fundamentalen Überzeugungsprinzip der KI. Des weiteren folgt eine Relativierung zur Bewußtseinsbedeutung, die nicht als wissenschaftlich hinreichend fundiert genommen werden darf. Es sind fundierte Spekulationen! Es gibt keine kurze Erklärung oder Formel für Intelligenz und darum auch nicht für artifizielle Intelligenz. Ich will weiterhin auch nicht den Eindruck erwecken, daß es sich um eine Art sektiererische Glaubensgemeinschaft handelt, die nachfolgende Probleme diskutiert. Alle diese Probleme bewegen sich im Grenzbereich möglicher menschlicher Erfahrungsfortschritte. "Etwas Seltsames liegt in der Beschreibung des Bewußtseins: Was immer der Mensch ausdrücken will, er scheint es einfach nicht klar sagen zu können. Es ist nicht so, als wären wir verwirrt oder unwissend. Vielmehr kommt es uns so vor, als wüßten wir genau, was geschieht, könnten es aber nicht richtig beschreiben. Wie kann etwas nur so nahe scheinen und doch immer jenseits unserer Reichweite bleiben?" (Marvin Minsky, Mentopolis) Die "Organisatorische Invarianz" Dieses Prinzip besagt, daß jedes physikalische System, das eine bestimmte gleichartige abstrakte Organisation aufweist, egal aus welchem Material es besteht, auch gleiche bewußte Erlebnisse hervorbringt. Das bedeutet auch, daß die Technik nicht den Anspruch auf biologische Gleichwertigkeit erheben kann! Es ist durchaus richtig, daß die Produkte des Geistes wie Bücher, Musik, Theorien und "Sprache" allesamt auf den Geist zurückwirken und ihn verändern können. Diese Dinge stehen aber in einem Wechselverhältnis und nicht in einem Identitätsverhältnis. Sprache ist nicht Intelligenz sondern ein mögliches Merkmal. "Tanzende Qualia in einem Synthetischen Gehirn" Chalmers fragt, ob wir etwas anderes zu sehen beginnen würden, wenn wir sukzessive einige Bereiche des Sehzentrums am Hinterhaupt (sulcus calcarinus) durch Computerchips ersetzen würden? Die Chips sollen dabei genauso strukturiert sein und genauso funktionieren wie ihre natürlichen Analoga. Im nächsten Schritt würden dann zwischen Chips und echten Neuronen über ein Interface die Zustände hin und her geschaltet werden. Wenn wir die Frage bejahen wollen, dann müßten wir verschiedene Zustände sehen, je nachdem ob die Chips oder die Neuronen unseres Gehirns "angeschaltet" werden. (Es läge eine visuelle Qualiastruktur vor.) Soeben hatten wir eine kleine Abweichung von der zweiwertigen Logik unbemerkt eingeführt. In der unscharfen Logik kann ein betrachtetes Element ganz oder nur zu einem gewissen Grad einer Menge angehören. Mengen werden im Gegensatz zur Cantorschen Mengenlehre als nicht scharf begrenzt eingeführt, was der Realität weit stärker entspricht. Der Zugehörigkeitsgrad kann als quantitatives aber auch qualitatives Maß dafür aufgefaßt werden, inwieweit ein betrachtetes Element die Eigenschaften einer unscharfen Menge erfüllt. Die Theorie ist kein Ersatz zur Realität. Aber im Sinne von Poppers Welt 3 kann solch eine Theorie indirekt starke Auswirkungen auf unser Bewußtsein haben. Was Bewußtsein nicht ist Wer meint, er müsse Bewußtsein bereits auf der Ebene des Protoplasmas ansiedeln, der wirft damit natürlich unwillkürlich die Frage danach auf, nach welchen Kriterien überhaupt die Rede sein kann von Bewußtsein. Wir stellen einige Behauptungen auf, die hier nur teilweise untermauert werden sollen.
Von allen Seiten wird der KI vorgehalten, daß sie niemals Bewußtsein hervorbringen wird.
Es macht einen sehr viel geringeren Teil unseres Seelenlebens aus, als uns bewußt ist, da wir kein Bewußtsein davon haben, wovon wir kein Bewußtsein haben!
Schlägt die Tür in Ihrem Zimmer rechts oder links an? Wieviele Zähne sehen sie beim Zähne putzen? Wir erleben immer bei solchen Fragen, wie wenig im bewußten Gedächtnis tatsächlich steckt, wenn eine dieser Fragen nicht zuvor zufällig bewußt betrachtet wurde.
Alle Lebewesen, behaupten wir, haben einen Begriff von den sie interessierenden Sachverhalten.
Sowohl assoziatives Lernen als auch Geschicklichkeitslernen vollziehen sich am effektivsten ohne Einfluß des Bewußtseins. In diesen Formen wirkt es sogar manchmal äußerst störend!
Wenn wir der Tatsache nicht ablehnend gegenüber stehen, daß "Urteilen" zum Denken gehört, so muß man einfach zur Kenntnis nehmen, daß der Vorgang des Urteilens niemals bewußt wird. Erst das Ergebnis des Vorgangs tritt als Urteil ins Bewußtsein. Das Ergebnis aber, das Urteil selbst, ist nicht Denken sondern Wahrnehmung von Sachverhalten wie o.g. O II O II O ? Welche Figur kommt als nächste? Sobald sie die Instruktion haben, kommt sofort die Konstruktion oder die Lösung! Wie sind Sie aber auf die Lösung gekommen? Wenn wir uns mittels Selbstbeobachtung daran schicken, unsere Lösung als prozessive Wesenheit im Bewußtsein zurechtzulegen, machen wir in Wirklichkeit etwas gänzlich anderes. Wir geben uns selbst eine neue Struktion (Instruktion + Konstruktion), die uns als Reflexionsmatrix für eine erfundene Geschichte von der Lösung des obigen Problems dienlich ist. In dieser Weise generieren wir astronomisch komplexe Gebilde, die in jeder Sekunde in unserem Gehirn hunderttausende Assoziationsbeziehungen (nicht Abbildbeziehungen) hervorrufen. Sie alle entstehen ohne Bewußtsein und einige interessante Lösungen werden im Bewußtsein repräsentiert. Nicht der Vorgang des Denkens wird bewußt, sondern nur sein Ergebnis (eventuell). Was letztlich im Bewußtsein als eine verbogene und erfundene Färbung des Realen tatsächlich repräsentiert wird, wird durch eine innere Bewertungsrichtlinie entschieden.
Vernunfttätigkeit oder schlußfolgerndes Denken und Logik verhalten sich zueinander wie Gesundheit und Medizin bzw. wie Verhalten und Moral. Die Irrtümer über Bewußtsein sind oft irreführende Versuche der Metapherbildung.
Insgesamt kann man sagen, daß das Bewußtsein ein Operator ist. Nichts ist im Bewußtsein, was nicht Analogon von etwas wäre, das zuvor im Verhalten war, um Lockes bekannte Formel zu variieren. Das Bewußtsein ist ein Analogieoperator! Wenn das Bewußtsein nichts anderes ist als eine Analogwelt auf sprachlicher Basis, wenn wir das Bewußtsein nicht metaphorisch verklären und mystisch überhöhen, dann können wir es auch fassen. Dazu gehört aber eine hochkomplexe Basis, die den Wissenschaftlern mehr Kopfzerbrechen bereitet als der Umstand, daß Maschinen bewußte Empfindungen haben sollen! Ansätze generativer Theorienbildung in Maschinen Es sollen keine Theorien über Intelligenz diskutiert werden. Wir wollen nur bemerken, daß die Intelligenz von Maschinen bezweifelt wird, so sehr man ihre Leistungen auch bewunderte, sobald man dahinter kommt, welche Regeln oder Algorithmen ihr Denken lenken. Logik in der Medizin Anläßlich einer Diplomarbeit begannen wir, intensiver darüber nachzudenken, wie menschliches Entscheidungsverhalten durch technische Systeme unterstützt, simuliert und kritisch begleitet werden kann. Es sollte die theoretische Grundlage eines Expertensystems konzipiert werden, das den Medizinern eine Möglichkeit böte, die im einzelnen unübersehbaren Interaktionen zwischen den verschiedensten verschreibungsfähigen Medikamenten schnell als Konstrukt aus Warnhinweisen, Gegenanzeigen, biochemischen Wechselwirkungen und Gegenanzeigen zu berücksichtigen und eventuell angepaßte Alternativpräparate vorschlagen. Nahziele der KI Kumpel Anton von der Zeche Hugo würde trotz seines einmalig komplexen Aufbaus seines Gehirns, das mehr Neuronenverbindungen und Kontakte enthält als positiv geladene Teilchen im uns sichtbaren Universum, vermutlich nicht eine dieser drei Regeln in seinem ganzen Leben von sich aus erkennen. Von dieser Seite muß man Intelligenz auch sehen dürfen. Wir alle wie auch Maschinen müssen lernen können! Ein Bergbauroboter könnte mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur Kohle abbauen, sondern er könnte das abgebaute Gestein chemisch untersuchen und die Richtung des Vortriebes bestimmen, wenn er eine "Es-lohnt-sich-Strategie" hat, die wenige Regeln umfaßt. Natürlich könnte er nicht Kaffee trinken und lockere Konversation betreiben. Die entscheidende Frage scheint zu sein, was wir von intelligenten Maschinen erwarten. Vorteile von Maschinen:
Nachteile von Maschinen:
Neuronale Netze: 1940 begann die Ära mit der Einführung eines theoretischen Neurons, das die Verhältnisse des menschlichen Gehirns simulieren sollte. Es nannte sich das McCulloch-Pitts-Neuron. Die Annahme dieser Richtung der Forschung, daß es ausreichen würde, nur genügend Neuronen "zusammenzudrahten" und das künstliche Gehirn sei fertig, erwies sich als falsch. Wissenserschließung und Wissensrepräsentation Wenn wir "Wissen" als den zentralen Punkt einer artifiziellen Intelligenz definieren, so nicht darum, um gewisse emotionale Faktoren des Menschen zu leugnen, oder deren Bedeutung abzuschwächen, sondern aus dem alleinigen Grunde heraus, weil alle Formen menschlichen Befindens und Verhaltens letztlich mit Wissen zu tun haben. Angst, die sich zur Panik steigern kann, Zuneigung, die in exzessives Verhalten führen kann, dies alles hat sicherlich mit Wissen zu tun, dessen regulative Bewertungsrichtlinie ständig verschieblich ist. Es ist letztlich eine sprachliche Problemstellung, wie wir derart komplexe und archaische Wissensmuster repräsentativ fassen. Damit beschäftigen sich Neurologen und Hirnforscher gleichermaßen intensiv. Die Grenzen der sprachlichen Analyse und die Grenzen der sprachlichen Wissensrepräsentation beleuchten einige Probleme, die wir in Zukunft lösen müssen, um die KI voran zu bringen. Menschen haben bestimmte Schwierigkeiten bei der Analyse geschachtelter Sätze, die sprachlich korrekt sind. "Das ist das Malz, das die Ratte, die die Katze, die der Hund verbellte, tötete, fraß." A: Heute nacht will ich wieder mit Sindy Crafford ins Bett. Die Leere als Anfang der Fülle-Generationforming Es hat sich gezeigt, daß es völlig belanglos sein kann, wenn man Maschinen bestimmte Fakten implementiert, die später nicht benutzt werden. Weiterhin hat es keinen Sinn, zu spezielle Folgerungen oder Assoziationen a priori zu implementieren. Hier taucht das Problem der unendlichen Assoziationsmengen auf, die in der Struktur der Sprache verankert sind, die man niemals programmieren kann. Sehr geehrter Herr Walther! Ich wollte eigentlich nicht so viel zu Fragen des Bewußtseins schreiben, weil es da auch etliche andere Auffassungen gibt, die ich verstehen kann. Doch ich kam nicht darum herum, weil ich KI und die Frage des bewußten Geistes des Menschen nicht unverbunden lassen konnte, wie Sie sicherlich verstehen werden. Meine Darstellung der zwei Probleme, die Sie eigentlich interessierten, sind wohl etwas dürftig ausgefallen. Doch in einer Sache sind wir beide einig, denke ich. Sie sprechen von einer "wertenden Zentrale", ich von einer Bewertungsrichtlinie. Doch diese Zentrale ist nirgendwo anatomisch. Sie ist ein funktionelles Korrelat aus den Gehirnfunktionen selbst. H.W.: Zuallererst stolpere ich über den Begriff des "Bewußtseins", der von Ihnen teils durch Negation, teils durch positive Phänomene beschrieben wird, aber dennoch in einer eigentümlichen Schwebe bleibt; und wiederum andererseits in m.E. oft sehr verschiedenen Nuancen gebraucht wird, die in meiner eigenen "Nomenklatur" nicht unter "Bewußtsein" subsumiert werden. Dies meint ganz gewiß keine Kritik an Ihrer Darstellung wie auch, angesichts der Problematik dieses Begriffes! Aber jedenfalls für meine eigenen "Bedürfnisse" und auch im Hinblick auf das mögliche Gelingen einer Kommunikation darüber scheint es mir unumgänglich, auch von meiner Seite aus zu versuchen, den Begriff im Rahmen meiner eigenen Vorstellungen zunächst einzugrenzen, was (für mich) Bewußtsein nicht ist, um sodann zu überlegen, für welche Phänomene dieser Begriff dann noch stehen mag. Am Rande möchte ich vermerken, daß ich im Moment dieses Beginnens selbst noch nicht restlos sicher bin, zu welchem Ergebnis sich dieser Versuch entwickeln wird hier also ein weiterer Dank auch an Sie, insofern mich Ihre Darstellung dazu zwingt, hier für mich selbst ganz dezidiert nochmals von Grund auf nachzudenken. Natürlich existieren hier jahrelange Vorüberlegungen und eine gewisse "Richtung", aber weder man selbst noch die Entwicklung des Wissens der Naturwissenschaften bleiben ja stehen, und so ist mir selbst diese Gärungs- und Klärungsgelegenheit sehr willkommen. Sie selbst verwenden den Begriff Bewußtsein in (m.E.) recht variierender Bedeutung; einerseits erscheint es als ein rein funktionaler Begriff, wenn Sie etwa menschliches und maschinelles Bewußtsein ansprechen. Dann wird es etwa als Synonym zur Intelligenz bezeichnet, oder als dasjenige, worauf der Mensch als Mensch so stolz sei (mithin diejenige Fähigkeit, die ich persönlich als "Geist" bezeichnen würde im Unterschied zum Tier). An anderer Stelle wird wiederum Bewußtsein mit Gedächtnis identifiziert andererseits aber sei es nicht notwendig zum Denken, zur Begriffsbildung und für die Vernunfttätigkeit. Persönlich bekomme ich auf diese Weise keine "Begriffseinheit" zustande, eher schon würde ich von Widersprüchen reden. Was also könnten wir meinen, wenn wir von "Bewußtsein" sprechen? Ein wichtiger Punkt scheint mir in dieser Hinsicht vor allem der Vergleich mit den Tieren, aber auch das Verhältnis von Leben und Anorganik zu sein; ein weiterer derjenige, was wir damit sagen wollen, wenn wir von "Bewußtlosigkeit" sprechen (Ansatzpunkte, die auch bei Ihnen einen Rolle spielen) und daß beide Punkte durchaus direkt miteinander zusammenhängen, wird sich sogleich zeigen: Sie selbst bringen das Bild vom "Schlag auf den Kopf" und von Prozessen, für die es keine Bewußtseinsrepräsentanz gibt. Ein ebenso gutes Beispiel scheint mir vor allem auch der Schlaf zu sein und dabei fällt sofort auf, daß selbstverständlich auch Tiere schlafen! Nun sind wir uns doch sicher einig, daß der Mensch im Schlaf nicht "bei Bewußtsein" ist, und so ist im Analogieschluß ein gleiches für die Tierwelt anzunehmen (und selbst wohl noch für die Pflanzenwelt, die ebenfalls einen deutlichen Unterschied an Reaktionen im Tag- und Nachtrhythmus zeigt). Aus dem Gesagten ergibt sich so zwanglos wie zwangsläufig, daß selbstverständlich verschiedene Bewußtseinsformen existieren, denn die "Bewußtheit" von Pflanzen, Tieren und Menschen unterscheidet sich qualitativ, daß aber allen lebenden Wesen ein gleicher funktionaler Tatbestand "Bewußtsein" eignet als aktiver Zustand der Wahrnehmungs-, Repräsentanz- und Auswertungssysteme. Bewußtsein meint also vor allem auch den "Wachzustand", weshalb das "Aufwachen" jeden Morgen so manchen Fingerzeig zu liefern vermag. Die Introspektion zeigt dabei, daß "das Bewußtsein zurückkehrt", sprich, in einem seriellen Prozeß die verschiedenen, die jeweilige Bewußtseinsform bedingenden Zentren im Gehirn wieder vernetzend aktiviert werden, etwa so, wie in einem großen Gebäude nach und nach die Lichter angehen. Am Ende dieses Prozesses finden wir uns als diejenigen wieder, als die wir eingeschlafen sind glücklicherweise gibt es da durchaus ein "Kontinuum", sonst müßten wir uns jeden Tag ganz neu erschaffen! Dieses "Kontinuum" aber ist etwas anderes als das funktionale Bewußtsein an sich, es ist bereits "Bewußtsein von etwas" in der jeweils entsprechenden Bewußtseinsform. Daraus folgt: der Begriff Bewußtsein meint zunächst kein materielles Substrat(1), sondern lediglich einen bestimmten Zustand einer "Hardware-Organisation": der Computer kann nur "etwas" berechnen, wenn er mittels von außen zugeführter Energie eingeschaltet ist; seine Systeme und deren Funktionsfähigkeit sind das eine, das andere sind die Daten, die in diesen eingelagert sind und verarbeitet werden. Leider decken wir meist das Bewußt-Sein und das "Bewußtsein von etwas" mit demselben Wort ab, und das führt zur Verwirrung, und diese Verwirrung wird noch dadurch stark vergrößert, daß es sich dabei um sehr verschiedene "Bewußtseinsformen von etwas" handelt. Damit komme ich zu dem Ergebnis, daß wir im Prinzip allen lebendigen Organismen Bewußtsein im Sinne des "Einschaltzustandes eines Reaktionssystems" zusprechen müssen, daß aber selbstverständlich die Bewußtseinsformen durch die Reihe der Arten sich qualitativ verändern vom rationalen Bewußtsein des Menschen über das emotionale Bewußtsein der Tiere hin zu den "niederen Formen" der instinktiven oder gar vegetativen "Bewußtheit". Die meisten Menschen verstehen nun unter Bewußtsein nur die rational-menschliche Form, aber zumindest den Tieren können wir ihre eigene (und die unsere unterfütternde) Form der Bewußtheit als Empfindungsbewußtsein sicherlich nicht absprechen insofern sie es als selbstinterpretierende Individuen sind, die auf Außen- und Innenreize reagieren. Die "niedrigeren" Formen kommen für unser Thema insofern weniger in Betracht, als es hier nicht die Individuen sind, die die Reizauswertung anleiten, sondern diese genetisch festgelegt ist. Ab dem Emotionalsystem aber steht den Lebewesen eine gewissen Bandbreite von Selbstbewertung von sensorischen und Innensignalen zur Verfügung, und dies meine ich, ist es im eigentlichen, was wir unter Bewußtsein verstehen. Diese Ableitung versteht sich zunächst als eine rein "phänomenale", indem sie an vorhandenen Bewußtseinsformen ihr Begriffsverständnis abzuleiten versucht. Eine andere Frage kann dann nun dahin gehen, ob darüber hinaus noch andere Bewußtseinsformen als diejenigen lebendiger System denkbar sind, z.B. maschinelle. Wenn wir als Bewußtsein bislang die aktive Fähigkeit zur Interpretation von Daten angesehen haben, so werden wir zunächst zu der Feststellung gelangen müssen, daß dann ein eingeschalteter Computer sehr wohl so etwas wie "Bewußtsein" hat. Andererseits sträubt sich da doch sofort "etwas" in mir irgendetwas scheint da dann doch noch an der Bestimmung von "Bewußtsein" zu fehlen; ich denke, was fehlt, ist jene "fiktive Selbstwahrnehmung" dessen, daß es mein eigenes "Ich" ist, dem hier etwas bewußt wird: daß diese Fähigkeit mit mir selbst als Selbst "zusammengebaut" ist. Genau dies gilt ja auch noch für Tiere, die mit ihrem Empfindungsbewußtsein sich selbst eben so dunkel gegeben sind, wie es die Empfindung auch nach wie vor am Menschen ist. Jedes Lebewesen ist ein sich in bestimmten Rezeptions- und Reflexionszusammenhängen dynamisch-drängendes und damit sich entwickelndes(2) wie Sie selbst sagen: es hat einen "Willen" und auch noch dieses "Willens" ist es sich bewußt, ja, insoweit hat Schopenhauer sicher recht, dieses Wollen und das Bewußtsein des Wollen-Könnens macht es im Kern aus(3); genau dies aber ist nicht auf Maschinen übertragbar. Bewußtsein ist also nach meiner Definition nicht nur der Einschaltzustand einer informationsverarbeitenden Hardware, sondern es ist vor allem auch Selbst-Bewußtsein aus eigener Aktivität. Nur so wird innerhalb der jeweiligen Wahrnehmungs-, Repräsentations- und Interpretationsbandbreite ein eigenständiges und von Fremdvorgaben unabhängiges Bewußtsein möglich. Künstliche Bewußtseinsformen ohne diese beiden letzteren Bedingungen bleiben grundsätzlich "künstlich" und abhängig vom Programmierer, sie sind also nur bewußtseinsähnlich. Nach meiner Theorie verfügt der Mensch der Möglichkeit nach gleichzeitig über drei verschiedene Bewußtseinsformen: das emotionale, das er mit den Tieren teilt, das rational-verstandesmäßige und das rational vernunftmäßige, die in individuell verschiedener Weise entwickelt werden und zusammenarbeiten. Diese verschiedenen Bewußtseinsformen werden also erzeugt von ihren je eigenen Interpretationszentren ("Vermögen": Ratio als Verstand und Vernunft, Emotio), die wiederum schichtweise und seriell-parallel vernetzt aufeinander aufbauen. Rationales Bewußtsein ist nicht denkbar ohne emotionales, dies wieder ist abhängig von der instinktiven sowie der vegetativen Vernetzung. Fällt bei einem Individuum die jeweils höchste Bewußtseinsform aus, so ist es im Verhältnis zu seinem Durchschnittstyp "bewußtlos". So erscheint uns das Baby ebenso wie das Tier im Verhältnis zum ausgewachsenen Normalmenschen als "bewußtlos", obwohl beide auf ihre Weise regelrecht "bei Bewußtsein" sind. Die Schwierigkeit ist also hauptsächlich sprachlicher Natur, weil wir "Bewußtsein" und "Bewußtseinsform" nicht auseinanderhalten, sondern meist nur von "Bewußtsein" sprechen, und daher die verschiedenen Formen/Stufen nicht voneinander abgrenzen können, sie verschwimmen dann konturenlos ineinander. Ein weiteres sprachliches Problem bereitet der Begriff auch deshalb, weil er jedenfalls im Deutschen (Englischen und Französischem) im Wortstamm vom "Wissen" ("consciousness", "conscience" = lat. "mitwissen" [!]) her abgeleitet ist, also zunächst nur die rationale Sphäre abdeckt.(4) Wissen in diesem Sinn aber gestehen wir nur dem Menschen zu, und auch von daher haben wir das Tierreich bis heute ausgegrenzt und uns eine Sonderstellung im Hinblick auf Bewußtsein eingeräumt. Insoweit läßt sich ein weiteres Argument heranziehen, das wieder deutlich gemacht zu haben Peter Singers(5) Verdienst ist: Von Bewußtsein sollte dort gesprochen werden, wo das lebendige Individuum durch eigene Reflexion erfährt, daß es selbst Leiden ausgesetzt ist. Dies aber gilt erst mit der reflektierten Emotio als der Selbstwahrnehmung von Empfindungen im Individuum. Weder die niedrigeren Tierarten (wohl etwa von den Reptilien abwärts) noch Insekten und Pflanzen verfügen darüber und noch weniger Computer. Für mich kristallisiert sich damit nun folgender Begriff von Bewußtsein heraus: 1. Einschaltzustand eines Reaktionssystems und 2. individuell wahrgenommene Selbstauswertung der aktiven und passiven Bezogenheit. Zum Bewußtsein gehört mithin vor allem ein Bewußtsein von sich selbst, also insbesondere die heute vieldiskutierte Frage nach dem "Ich" und dessen Konstitution. Insofern scheint mir der gesuchte "Kern des Bewußtseins" identisch zu sein mit dem "Ich-Bewußtsein", wie hell (rational) oder dunkel (emotional) dies auch sein mag. Zu meiner Auffassung vom Ich darf ich hier aus meinem Artikel "Was ist Metaphysik" zitieren: "Jedes Vermögen ist eine synthetische Reaktions- und Aktionsweise des Innen gegenüber dem Außen, vom Innen dem Außen abgelernt, weil das Außen in seiner gleichen oder ähnlichen Wiederholung sich aufgrund dieser zwei Faktoren etwas ablernen läßt. Da aber die Synthetik der Kommunikation von außen nach innen zunimmt, und dadurch der Zusammenhang zwischen dem Außen und dem Kommunikationszentrum indirekt wird, muß die lebendige Verbindung zwischen Außen und Innen gewahrt bleiben. Dazu bedarf es eines synthetischen Mittelpunkts auf Basis neuronaler Funktion: die in der Abgrenzung von anderem Seienden gegebene Einheit eines Seienden erfordert notwendig, daß das führende synthetische Kommunikationsvermögen mit dem synthetischen Mittelpunkt in Eines gesetzt ist. Das Bild für dies In-Eins-Gesetztsein ist die Kugel. Was wir "wissenschaftlich nachweisend" für Galaxien, Sterne, Planeten und die Gravitation behaupten, das nämliche gilt für uns selbst: das Wesen der Kugel ist es, mit ihrer äußeren Hülle in das Umgebende für sich abgegrenzt hineinzuragen; ihre Wirkungen auf das Umgebende und die Wirkungen des Umgebenden auf sie fallen so aus, "als ob" sie aus dem inneren Zentrum als dem Mittelpunkt der Kugel stammen bzw. auf dieses wirken. Zentrum und Oberfläche sind so zwei Bestandteile der Kugel, und doch ist die Kugel Eines, eine in sich geschlossene Einheit. Ebenso verhält es sich mit jedem Vermögen des Seienden und dem élan vital.(6) Die geschichteten Vermögen vom Instinkt bis zur Vernunft, die jedes Lebewesen mit dem Außen verbinden und mit diesem kommunizieren, ver-mitteln dem Zentrum dieses Außen, indem durch diese Vermögen die Ergebnisse der Sinnesorgane interpretiert werden. Das e.v.-Zentrum ist nichts anderes als jener Wirkungsmittelpunkt der Kugel, den wir beim Menschen "Ich" des Verstandes, "Ich" der Vernunft bzw. in der Doppelreflexion "Ich-Ich" nennen, auf das der Organismus Mensch mittels seines jeweils führenden Vermögens seine Erlebnisse und Handlungen bezieht. Aus der Konzentration des Ich-Zentrums gewinnt er seine "Kraft", und aus ihm heraus wirkt er seine Handlungen. Dieses Zentrum ist ein ebensolches "Als Ob", eine ebensolche Fiktion, wie es das Massezentrums eines Sternes ist und doch sind beide in ihrer Weise ganz real: als Wirkungszentren. Alles, was ist in dieser Welt, ist in übertragenem Sinn von solcher Kugelform, und damit von solcher Zweiheit in der Einheit. Dieses Schwanken zwischen den beiden Polen der Einheit exerziert exemplarisch bereits das Licht, indem es sich teils als Welle (Energie élan vital), teils als Korpuskel (Masse Oberfläche) verhält was bis heute noch nicht in eine einheitliche Auffassung gebracht ist, sondern nur und gerade in dieser Zusammensetzung verstanden werden kann. Jeder mögliche Typ Mensch läßt sich aus dem Zusammenspiel zwischen seinen Vermögen und dem Sitz der Sphäre der Innerlichkeit verstehen. Die epigenetische Entwicklung des menschlichen Geistes bringt je nach Begabung, Umwelt und deren Tradition individuell die unterschiedlichste Vernetzung der Vermögensschichtung zwischen Emotio, Verstand und Vernunft hervor. Dies führt notwendig zu verschiedener Zentrierung des Ich und so folgen die Menschen entweder ihren Trieben, ihren Gefühlen, ihrem Nutzen, dem Ideal, dem "Heiligen", oder in chamäleonartigem Wechsel zwischen den Kategorien allem zugleich. Daß dabei die Mehrheit der Menschen noch heute verstandes- und nicht vernunftgeprägt ist, läßt sich schon daraus ersehen, daß der Aberglaube, also die mythischen Vorstellungen des Verstandes, noch weitaus verbreiteter ist als die metaphysischen Vorstellungen der Vernunft." Das Ich des Menschen setzt sich somit entsprechend den beiden in ihm vorhandenen Bewußtseinsformen Emotio und Ratio aus den emotionalen und rationalen Anteilen zusammen. "Hell" wird dieses Bewußtsein im Unterschied zum Tier durch die Sprache als das Eine des Verstandes; dazu ein weiteres Zitat aus meinem Text "Das Gefühl für das Schöne": "Die Dinge in unserem menschlichen Sinne kristallisieren sich erst heraus als eine vertikal-integrierende Eigenleistung des Verstandes: in der Verbindung der verschiedenen Eigenschaften der unterschiedlichen Sinnesergebnisse zu einem Wirkungsträger. Diese Zusammenfassung wird mit einem eigenen Begriff belegt, in einem eigenen Gehirnbereich repräsentiert und vom Verstand selbst bewertet (zunächst unter Anleitung der Emotio). Grammatik ist das Zueinanderstellen der Begriffe und damit die Bemächtigung von Welt mittels Sprache als Verstand. Lassen Sie mich es im Bild sagen: Worte sind die Fackeln, in deren Licht uns erst die Dinge erscheinen. An dieser Nahtstelle tritt auch dasjenige hervor, was der Mensch als sein Ich bezeichnet: die Fähigkeit des Verstandes, Dinge als Wirkungsträger zu identifizieren, führt per se ipsum dazu, auch sich selbst, die eigene Person als Wirkungsträger und Handlungsmittelpunkt zu erkennen und unter einem eigenen Begriff zusammenzufassen: das Ich als Träger und Inhaber der Selbstwahrnehmung einschließlich des Fühlens wie der Datenspeicherungen des Verstandes." "Träger" von Bewußtsein sind also die Vermögen Emotio und Ratio, deren Unterlage von Instinkt und Vegetativum gebildet werden, welche sich wieder auf ihre neuronalen Bestandteile "reduzieren" lassen. Die mehrfache Schichtung und serielle Vernetzung scheint mir damit gleichzeitig zu verdeutlichen, daß sich die Bewußtseinsphänomene auf der Ebene des Geschehens am einzelnen Neuron nicht werden auffinden lassen ebensowenig wie in reinen "Netzstrukturen"; vielmehr ist die individuelle Interpretation bedingt durch Zentrale-Bildungen zur Auswertung von Information. Ohne das Abgreifen der chemischen Konzentrationen der Neurotransmitter durch das limbische System und deren Reflexion (Thalamus?) keine Selbstempfindung und Empfindungsbewußtsein; ohne Begriffsbildung als eigenständige Rezeption, Reflexion und Interpretation (rationaler "Bewußtseinsspiegel", Kurzzeitgedächtnis) kein Ich und kein "helles" Bewußtsein. I. Fuzzylogik Dieses Prinzip der Fuzzylogik überzeugt mich sehr, da es sicherlich auch schon der Wahrnehmung lebendiger Systeme zugrundeliegt (und in meiner Auffassung der individuellen Wahrnehmung enthalten ist): dieses Prinzip arbeitet ja damit, daß die Auswertung verschiedener Parameter nicht zu 100 % erfüllt sein müssen, sondern, sagen wir beispielsweise etwa bei fünf verschiedenen Parametern eine 70 %-ige Übereinstimmung genügt. Da diese 70 %-ige Übereinstimmung mit Sicherheit wesentlich schneller festzustellen ist als eine ganz genau 100 %-ige, die sich sehr stark bereits mit Einzelheiten des Wahrzunehmenden befassen müßte, da andererseits ein einziger Parameter zur sicheren Identifizierung nicht ausreicht, also mindestens zwei oder drei 100 %-Feststellungen zu treffen wären, ist eine Fuzzy-Logik demgegenüber weitaus im Vorteil, und in der Treffsicherheit kaum geringer. Nicht von ungefähr scheint es mir bei unserem Verstand ja genauso zu sein, oder anders gesagt, das macht ja nach meiner Auffassung den Verstand genau aus: die Auswertung verschiedener Sinnesergebnisse auf einer Ebene. Die Sinneszentren scheinen mir dabei bereits von vornherein bei der "Ersterkennung" mit einer Art "Fuzzylogik" zu arbeiten, denn die Sinne, insbesondere der Augensinn, werten im ersten "Zugriff" die Wahrnehmung nach den "vorspringenden Seiten" des Wahrzunehmenden aus (s. meinen Text "Bewußtheit") was aber ist das anderes als eine "ungefähre", also etwa 70%-ige Feststellung von Übereinstimmung? Und dies kombiniert mit allen Sinneszentren, für die das Wahrzunehmende etwas hergibt? Man könnte sogar soweit gehen, zu behaupten, unserer Fähigkeit zu Vergleichen und zu Analogisieren beruht genau darauf, daß auch unsere neuronalen Fähigkeiten mit einer solchen "Fuzzylogik" arbeiten. Analogie und Assoziation sollten sich deshalb sehr schön mit der Fuzzylogik erklären lassen, indem dabei "möglichst gut" (!) passende neuronale Muster "zugewandt" werden, weil wir (zu Recht) annehmen, daß "sich Gleichendes" (!) in vielen Fällen sich auch ähnlich verhält. II. "Dritter Faktor" Indem ich mich auf den von Ihnen angeführten Satz von Marvin Minsky zur "Beschreibung des Bewußtseins" beziehe, daß uns dies nicht richtig gelänge, bin ich mit meiner eigenen Definition in meiner letzten Antwort noch nicht ganz zufrieden: "Einschaltzustand eines individuell auswertbaren Reaktionssystems" sagt zwar etwas über die "Systemvoraussetzungen" aus, beschreibt aber nicht, was Bewußtsein ist. Latenz, Hintergrundwissen, Erwartungshaltung: dies scheint ein drittes Erfordernis für Bewußtsein zu sein wir wenden auf der Basis des Vorwissens jedem Wahrnehmen einen mehr oder wenig weiten "Vorfilter" zu, je nachdem, in welchem Konnex wir uns zu einer gegebenen Wahrnehmungssituation befinden. Wenn wir auf der Straße gehen und quasi "alles zugleich" wahrnehmen, sehen wir eigentlich "nichts", sondern registrieren in einem "Darüberhinweggreifen" all dasjenige, was wir "auf der Straße" erwarten können. Begegnet uns von außen ein ungewöhnliches Sinnesereignis, oder stellen wir uns selbst ein konkretes "Wahrnehmungsziel", engen wir die Wahrnehmungsfilter und das Hintergrundwissen wieder entlang der vorbekannten Erwartung ein. Bewußtsein im menschlichen Sinne scheint also als dritten Faktor zu benötigen ein ständiges Bereitstellen und Filtern von Vorinformation: ohne das Entgegenkommen der Erinnerung (s. Graphik in "Bewußtsein") wäre uns das Wahrgenommene eben gerade nicht bewußt; vielmehr würden wir hier etwas "Fremdes" registrieren und versuchen, im Wege von Vergleich und Analogie (Fuzzylogik) uns diesem anzunähern. Wie soll diese automatische Zuwendung von "Kontext" und dessen Filterung ("Scheinwerfer") auf Maschinen übertragen werden? Dies Dritte teilen wir aber auch schon mit den selbstempfindenden Tieren: auch dort läßt sich bereits eine individuelle Vorerwartung feststellen, die additiv-horizontal bestimmte Ereignisse mit bestimmten Folgeereignissen verknüpft und die entsprechende emotionale Reaktion aufruft (etwa den Pawlowschen Effekt). Auch hier haben wir bereits auf emotionaler Ebene so etwas wie ein "Umgebungsbewußtsein", das sich aus einem "Strom von Sinnessignalen" und deren Bekanntheit/Unbekanntheit zusammensetzt, also wiederum einen bekannten "Kontext" voraussetzt. "Bewußtsein an sich" ist von daher gesehen ein ebensolches "Unding" wie ein "freier Wille an sich" Wille ist immer nur Wille, indem er "Etwas" will, und Bewußtsein gibt es nur von "Etwas", nicht "an sich". Der "Einschaltzustand" besteht mithin vor allem in einem steten "Datenfluß", der dem wahrnehmenden Individuum selbst unbewußt, latent bleibt; die "Latenzschwelle" also was in die bewußte Wahrnehmung dringt wird dabei zwischen den Individuen insbesondere im Hinblick auf die kategorielle Ausstattung stark differieren: der emotionale und der Verstandestyp werden von den äußerlichen Wahrnehmungen, aber auch noch von den körpereigenen Signalen aus Vegetativum und Instinkt stärker affiziert werden als der Vernunfttyp. Es muß also einen Zusammenhang zwischen dem Sitz des Wertezentrums und dieser Latenzschwelle geben. Jedenfalls: dies nur "latent bewußte" der Wahrnehmung gehört dem Bewußtsein selbst zu, ist etwas anderes als das berühmte (etwa Freudsche) "Unbewußte", insofern dies latent in der Wahrnehmung vorhandene jederzeit "unter der Kontrolle" der Wahrnehmung steht und durch unübliche Veränderung bzw. "Aufmerksamkeit" ("Scheinwerfer") von der Latenz in die Präsenz wechseln kann. Ganz offenbar haben wir es hier in unserem Gehirn mit noch völlig unaufgeklärten Prozessen zu tun, wie diese Bereitstellung von Hintergrundwissen und Wahrnehmungsfiltern funktioniert etwa ähnlich demjenigen Phänomen "ein Stockwerk tiefer", daß es ja noch völlig unbekannt ist, wie es das Gehirn schafft, die durch die Augen auf dem Kopf stehende Welt "wieder auf die Füße zu stellen" ... Bewußtsein selbst wäre also nun zu definieren als ein Signalstrom zwischen einer individuellen Auswertungsinstanz (emotionales oder/und rationales Ich) und sensorischen Wahrnehmungssystemen, die anhand einer Fuzzylogik die eintreffenden sensorischen Ereignisse automatisch im parallelen und seriellen Durchgang durch diverse Repräsentanzsysteme "vorerkennen", und dies im ständigen Abgleich (wechselwirksam rückgekoppelt) mit dem vorhandenen und vorbewerteten Hintergrundwissen, welche Automatik einerseits dem Wahrgenommen mit dem dafür vorhandenen "Kontext" entgegenkommt und gleichzeitig die Latenz bzw. Präsenz des Wahrgenommenen regelt. (Gewiß keine "einfache" Definition ...) III. Organisatorische Invarianz Hier stellen Sie selbst die meisten Argumente zusammen, was menschliches und maschinelles Bewußtsein unterscheiden muß; ihr Hauptargument ist durchaus auch das meine, in dem sich alle Einzelargumente zusammenfassen lassen: hie ein selbstaktives lebendiges System samt seiner Phylo- und Ontogenese (genetische und kulturelle Tradition), dort ein passives und willenloses System, das auf äußere Energiezufuhr und Vorprogrammierung sowohl in Bezug auf "Hintergrundwissen" wie auf "Lernalgorithmen" wie auf "Zielkorridore" angewiesen ist. Nicht teilen würde ich Ihren Ansatz, "daß sich Geschichte nicht wiederholt". Nur weil sich im Anorganischen Gleiches wiederholt, konnte überhaupt lebendige Informationsspeicherung entstehen (im stets Regellosen, sich nicht Wiederholenden würde eine Informationsspeicherung keinen Sinn machen). Und wie schon Goethe wußte, wiederholt sich auch im kulturellen Dasein des Menschen alles, jedenfalls in seinen Grundformen, es ändern sich lediglich die "Quantitäten", nicht aber die Qualitäten (letztere werden allerdings durch die kulturelle Evolution erweitert, was aber nichts an der Wiederholung der jeweils vorhandenen ändert). Die Quantenphysik und ihre Unschärferelation läßt sich dabei nach Auffassung fast aller Wissenschaftler keinesfalls auf den Meso- oder den Makrokosmos übertragen. Und insofern die Bewußtseinsphänomene wie bereits herausgestellt sich keinesfalls auf neuronaler Ebene (also im Bereich elektrischer und chemischer Phänomene) aufklären lassen werden, weil sie vielmehr Ergebnis qualitativ weit höher anzusiedelnder Prozesse sind ("mesokosmisch"), können die Erkenntnisse der Quantenphysik auch keine Rolle für das Bewußtsein spielen. Vielleicht könnte man soweit gehen zu sagen, und zwar in genauer Analogie zum Anorganischen: Bewußtsein ist nur möglich, weil sich "Geschichte" wiederholt?! Wie sehr die "unscharfe" oder "mehrwertige" Logik meinen eigenen Auffassungen nahekommt, ist oben schon beschrieben; den in der Wissenschaft häufig anzutreffenden Glauben einer "einzigen vollständigen Theorie", "die also die Geschichte des Seins bestimmt", halte ich für ebenso bedenklich wie etwa den Heideggerschen Glauben an die "Lichtung des Seins"... (im Kern ist es das gleiche: ein Glaube, in dem vor allem Metaphysik enthalten ist, den der Normalmensch mit "Religion" abdeckt.) Es gibt dann nämlich nur zwei Möglichkeiten: a) Alles im Kosmos Mögliche ist bereits da, wir haben es nur noch nicht vollständig erkannt. Damit erklären wir das Hier und Heute willkürlich zum Höhe- und Endpunkt einer Entwicklung ... diese Art Anthropozentrismus ist in verschiedenen Gewändern uralt. b) Wir glauben, der Natur mittels einer "Theorie" (!) alle ihr möglichen weiteren Entwicklungsschritte "vorschreiben" zu können wie soll sich das mit den emergenten Phänomenen von der Anorganik zum Leben zum Geistigen vereinbaren lassen, die wir bis heute in Wirklichkeit eben gerade nicht erklären können? Wir können bislang nur die Emergenz dieser Phänomene gegenüber ihrem Vorbestand konstatieren und da wollen wir etwas über die Zukunft aussagen, ja ihr etwas "vorschreiben"? Wir kennen uns selbst nicht, etwa was unser Bewußtsein und unsere Intelligenz anlangt, aber der Natur, deren Teil wir sind (und die wir, in einem weiteren Begriff genommen, seither mitbedingen), wollen wir mit diesen unseren uns selbst unbekannten Eigenschaften vorschreiben, was sie in Zukunft zu tun und zu lassen hat?(7) Gleichzeitig wissen wir: Je umfassender eine Theorie sein soll, desto allgemeiner muß sie sein, das heißt aber auch, desto weiter muß sie sich vom real Seienden entfernen! In einer elfdimensionalen "Weltformel" der "Strings" mögen sich zwar alle Phänomene "mathematisch" zsammenhängend beschreiben lassen was aber sagt das über den von Menschen geschaffenen kulturellen Mesokosmos aus, der zumindest auf Erden das Dasein in immer stärkerem Maße bestimmt? Was kann das aussagen über einen doch immerhin denkbaren qualitativen weiteren "Quantensprung" in der Informationsverarbeitung durch lebendige Systeme (und deren Hilfsmittel), wenn wir den Sprung vom Tier zum Menschen und dort den Wechsel vom Verstand zur Vernunft weiter nach vorne "verlängern"? Müßte dann nicht jede noch so schöne "ToE" (der Vernunft) auf den Abfallhaufen der Geschichte geworfen werden ebenso wie das ptolemäische Weltbild des Verstandes? Zuletzt scheinen Sie mir hier einer ganz ähnlichen Auffassung zu sein, wenn Sie die Suche nach einer vollständigen Theorie eher als eine "motivierende Losung" bezeichnen, da sehen Sie mich ganz auf Ihrer Seite: das Wissen um die Unvollendbarkeit einer solchen Theorie sollte natürlich nicht davon abhalten, all das rational zu erklären zu versuchen, was "hinter uns" in der Vergangenheit war bis zu uns selbst hin denn wir selbst sind ja ein Stück dieser unvollendeten Geschichte und Schichtung, und so wird eine reduktionistische Welterklärung per se ipsum im Hinblick auf einen gemeinsamen "Ursprung" alles Seienden auf den Versuch einer vereinheitlichenden "ToE" hindrängen. Wenn ich Sie richtig interpretiere, führen Sie nun eine Unterscheidung zwischen maschinellem und menschlichen Bewußtsein so ein, daß es Ziel der KI nicht sei, konkret menschliches Bewußtsein auf Maschinen zu übertragen, sondern daß das Prinzip der "Organisatorischen Invarianz" "nur" darauf ziele, ein dem menschlichen gleichartiges Bewußtsein hervorzubringen etwa in dem Sinne, daß physikalisch vergleichbare "Baugruppen" bei vergleichbarer Organisation ("Verdrahtung" und mögliche Operationen) auch vergleichbares Bewußtsein erzeugen. Sodann unterscheiden Sie zwischen Intelligenz und Bewußtsein in dem Sinne, daß es der KI vor allem um eine der menschlichen analoge Informationsverarbeitung gehe, die aber nicht mit Bewußtsein verwechselt werden dürfe (sehr einverstanden: es wird ja wohl niemand bestreiten, daß "maschinelle Rechner" dem menschlichen Gehirn in der Ausführung verschiedenster "Operationen" weit überlegen sind). Sind aber wirklich "die Maschinen selbst" intelligent, wenn die von ihnen verwandten Algorithmen durchweg vom Menschen implantiert sind? Wäre eine Maschine nicht erst dann "selbst" intelligent zu nennen, wenn sie etwa selbst "auf den Gedanken käme", statt einer zweiwertigen eine mehrwertige Fuzzylogik anzuwenden? Ihre sodann folgenden "negativen Definitionsversuche" von Bewußtsein scheinen sich meiner Meinung nach weniger auf das Bewußtsein "als solches" als vielmehr auf verschiedene seiner "Konstituenden" zu beziehen, insbesondere auf das Gedächtnis, das doch keinesfalls selbst "das Bewußtsein ist". Insgesamt möchte ich mich hier auf meine eigenen Ihnen bereits mitgeteilten Vorstellungen (s. Grafik) des "Bewußtseinsstromes" beziehen: "Diskontinuität" des Bewußtseins: das "Kontinuum" besteht nicht in den Gedächtnisinhalten selbst, sondern in der negativen und positiven Bewertung derselben, sehr richtig ist das Speichern von Wahrnehmungen nicht Selbstzweck, sondern für das vorwegnehmende (daher alle Vor-Urteile!) Abschätzen von Handlungsfolgen da. Die "Narrativierung" ist die Interpretation und Einordnung des fluktuierenden Geschehens in einen individuellen "Zusammenhang", der insofern immer erst a posteriori geleistet werden kann und aus der Natur der Sache heraus sich nur für den Interpreten so darstellt, für jeden anderen Beobachter wieder anders. Dies als "Fehler" zu bezeichnen, halte ich für falsch, denn für den evolutionären Erfolg des Individuums kommt es nicht auf objektive Richtigkeit seiner Ich- und Wirklichkeitsinterpretation an, sondern auf deren subjektive Tragfähigkeit. Daß sich daraus eine intersubjektive Kommunikation und Logik entwickelt, verdankt sich der Abstraktion der Vernunft über den Verstand hinaus, indem dadurch das "Wesentliche" herausgearbeitet und vom Zufälligen des sinnlich Momentanen geschieden wird. Empfindungen anderer können wir nur "ungefähr nachvollziehen", deren abstraktes Denken aber läßt sich auf objektive Richtigkeit hin überprüfen. Die Begriffe der Vernunft sind "meta-physisch", diejenigen des Verstandes dinglich und damit gelangen wir zu einem weiteren problematischen Punkt: "Bewußtsein ist nicht essentiell für Begriffsbildungen", sagen Sie; diese These steht und fällt aber mit der Definition dessen, was Sie unter "Begriff" verstehen wollen. Ihre Definition scheint dabei "sehr weit" zu sein, denn Sie schreiben den "Begriff von interessierenden Sachverhalten" allen Lebewesen zu. Darunter verbergen sich gleich mehrere Schwierigkeiten: 1. "Interessen" können, insoweit ist Peter Singer zuzustimmen, nur Lebewesen haben, die über Empfindung verfügen nur sie gehen ihren "Interessen" an Hand eines individuellen Maßstabes (Emotio) nach. 2. Der Begriff eines "Sachverhalts" setzt den "Begriff von Sachen" bereits voraus, ansonsten wäre das "Verhalten" von "Sachen" zueinander nicht verstehbar; Tieren (die Menschenaffen mal außen vor gelassen) sind aber Sachen im Sinne von Dingen völlig unbekannt, eben weil sie diese nicht "auf den Begriff" bringen können. Tiere haben "nur" einen "Begriff" von Kausalität, und das in jeweils verschiedener "Helligkeit", daß ein bestimmtes Ereignis häufig an ein anderes "gekoppelt" ist, und dieser Zusammenhang ist konditioniert. Und auch noch dieses von Ihnen konstatierte tierische "Begriffsverständnis" setzt "Bewußtsein" insoweit voraus, weil dies nur im "Wachzustand" (s. den "Einschaltzustand) solcher Tiere vorhanden ist. 3. Was der Mensch unter "Begriff" versteht, ist mithin notwendig an das Vorhandensein von Bewußtsein gebunden, weil erst im Verstand des Menschen Dinge, Sachen erscheinen Begriffsbildung als die Identifikation von Wirkungen und deren Trägern ist das Wesen des Verstandes und ein solcher ist ohne Bewußtsein nicht vorhanden. Das Wesen der Sprache ist es nicht, "für einen Begriff ein Wort zu setzen", das quasi nur so nebenbei obenauf schwämme, vielmehr wird mit der selbständigen Konditionierung sprachlicher Begriffe als Worte die menschliche Dingwelt erst gesetzt. In allen Fällen handelt es sich beim Begriff "Begriff" also um etwas vollständig anderes was damit gemeint ist, unterscheidet sich ebenso kategoriell wie die verschiedenen "Vermögen", mit denen "Begriffe" gebildet werden. Auf dieselbe Problematik stoßen wir bei Ihrer Aussage, Bewußtsein sei nicht notwendig für das Lernen; hier beziehen Sie sich wieder auf die menschliche Form des (mindestens) Verstandesbewußtsein, und schließen dabei, allerdings unausgesprochen, das emotionale Bewußtsein aus. Welches selbstverständlich bei den von Ihnen angezogenen "Lernformen" vorhanden sein muß, und im übrigen auch bei allen tierischen Konditionierungen von der Wahrnehmung eines Schlüsselreizes bis hin zu empfindungsgesteuerten Lernvorgängen bei höheren Tieren da sein muß. In ebendieselbe kategorielle Problematik gehört Ihre Aussage, Bewußtsein sei nicht notwendig zum Denken was wohl nicht umsonst im ersten Moment wie ein Paradox klingt ... Ohne eine vorhergehende Definition des Begriffes "Denken", das selbst noch im Menschen in zweierlei Form vorhanden ist, wird dessen Zusammenhang zum Bewußtsein wohl nicht sichtbar gemacht werden können. Sie identifizieren ohne alle Umstände "Urteilen" und "Denken" dabei fällen bereits alle selbstempfindenden Tiere Urteile, ohne je selbst zu denken. "Denken" und "Urteilen" sind jedenfalls meiner Auffassung nach eben gerade nicht identisch: 1. Denken ist an den Menschen gebunden als die dingliche (Verstand) und wesensmäßige (Vernunft) Interpretation und vor allem auch kulturelle Umschaffung der realen Welt. 2. Womit dieser Mensch dann seine Urteile fällt, ist eine ganz andere Frage, nämlich die nach der Durchreflektierung und dem individuellen Sitz der Leitungsebene; Sie haben sicher recht, daß die meisten Menschen ihre Urteile auf emotionaler Ebene, und damit (nach altem Sprachgebrauch) "unbewußt" fällen, aber doch nicht ohne Bewußtsein! Vielmehr zeigt es doch nur eine ungenügende Reflexion an, wenn man die Entscheidung über einen mittels Ratio als Verstand oder gar Vernunft gedachten Sachverhalt dem weit älteren Zentrum Emotio überläßt. Selbstverständlich wird auch ein rationales Urteilen nie frei sein können von emotionalen Einflüssen (und sollte es auch gar nicht sein, weil die Einschätzung von Situationen immer auch stark von der emotionalen Bewertung fundiert werden muß, um nicht fehlzugehen oder unmöglich zu werden, wie Beobachtungen an Menschen zeigen, bei denen das emotionale System zerstört ist); aber erstens ist nach meiner Definition auch das Empfindungsbewußtsein Bewußtsein (das den Individuen unterschiedlich rational bewußt, oder eben "unbewußt" ist, und zweitens kommt es zuletzt darauf an, welches Zentrum beim Urteilen den Ausschlag gibt ob dabei emotionale, verstandesgemäße oder vernünftige Werte im Vordergrund stehen. Noch paradoxer muß aus meiner Sicht Ihre Aussage erscheinen, Bewußtsein sei nicht notwendig für Vernunfttätigkeit (wobei Sie hier Verstand und Vernunft weder scheiden noch überhaupt angeben, was diese Vernunfttätigkeit denn bedeuten soll dies als "natürliche Denkvorgänge" zu bezeichnen, wird der Sache wohl nicht gerecht, sonst würden die meisten "natürlichen Menschen" nicht so unvernünftig von dieser Welt "denken" ...) Ganz im Gegenteil ist Vernunfttätigkeit ein spätes Produkt der kulturellen Evolution, das die Befähigung zur selbständigen Abstraktion voraussetzt (Rezeption) sowie das In-Beziehung-Setzen der Abstrakta auf einer eigenen Ebene gestattet (Reflexion) und damit eigentliches Denken. All dies soll ohne Bewußtsein möglich sein? Logik hinwiederum besteht nach meiner Auffassung nicht in "Vorschriften wie wir denken müssen, wenn wir Wahrheit oder Annäherung an sie als Ziel unterstellen", sondern das Fällen eines Urteiles auf Vernunftebene mit eben den Kriterien, wie sie bereits auf sinnlicher und verstandesmäßiger Ebene gelten: das Feststellen von Übereinstimmung, Ähnlichkeit oder Ungleichheit (s. das berühmte Sokrates-Beispiel des Aristoteles zur conclusio). Logik ist die Vernunfttätigkeit, deren Arbeitsweise, die mit dem Ermitteln, Vergleichen und Zusammenstellen von "Wesensabstraktionen" umgeht, ihre Arbeitsweise und deren "Vorschriften" sind ihr "systemimmanent" wie jedem anderen Vermögen lebendiger Wesen auch. Dabei können wir auch hier (wie etwa bei der Wahrnehmung selbst) von einer "zwei-" und einer "mehrwertigen" Logik sprechen, insofern ersteres nichts anderes als die Gleichheit, letzteres die Ähnlichkeit ist. Insofern aber diese Tätigkeit im Umgang mit Abstrakta auf einer "meta-physischen" Ebene spielt und auf dem rationalen Bewußtseinsspiegel (Kurzzeitgedächtnis) durchgeführt wird, scheint mir die Behauptung einer Vernunfttätigkeit ohne Bewußtsein ein Selbstwiderspruch zu sein. Ihr Beispiel, dem ich im übrigen völlig zustimme, daß die meisten brillanten Ideen nicht auf einer rational bewußten Deduktion beruhen, sondern immer auch etwas von "Inspiration" an sich haben (und so auch von vielen Wissenschaftlern "erlebt" [sic] wurden dies ist denn auch sicher ein Hauptgrund für die verschiedenen Formen des "Gottesglaubens" selbst in den Naturwissenschaften) dieses Beispiel jedenfalls steht sicher nicht dafür, daß Wissenschaftler solche Ideen im "bewußtlosen Zustand" hätten. Wie sollten sie diese Ideen dann festhalten? Was Sie (und ich) damit sagen wollen, ist lediglich, daß hier kein rational bewußter Denkakt der Vernunft vorliegt, durch den eine bestimmte Gedankenkonstellation erzeugt wurde. Alle anderen Schichten des menschlichen Bewußtseins, also insbesondere Verstand und Emotio, sind aber sehr wohl und notwendig bei der "Inspiration" einer brillanten Idee beteiligt dies ist sicher einer der Hauptgründe, warum sich etwa der Physiker Stephen Weinberg beim Wahrheitskriterium für eine Idee insbesondere auf deren "Schönheit" beruft (was immer er damit sagen will ...) Meiner Meinung nach hätte Ihre Aussage hier also genau umgekehrt lauten müssen: vernünftige Denkergebnisse sind zwar nicht ohne Bewußtsein möglich, aber sie müssen nicht unbedingt durch das Vermögen Vernunft als rationalem Denkakt erzielt werden, sondern verdanken sich meist suchender Assoziation und Intuition, die auf einer bestimmten rationalen Basis an- und aufsetzt. Wenn Sie sodann das Bewußtsein als "Analogieoperator" beschreiben, so läßt sich das in gewissem Umfange von mir sicher mittragen, soweit hier jedenfalls von der menschlich-rationalen Form des Bewußtseins die Rede ist; übersehen wird m.E. dabei jedoch, daß unser rationales Bewußtsein in jedem Falle vom Empfindungsbewußtsein mitkonstituiert wird, das sich in dieser glatten Weise nicht in die rationalen Analog- und Vorwegnahme-Operationen einpassen läßt. Unsere individuelle Festverdrahtung, unsere individuelle vegetative und instinktive "Lage" und unsere vorrationalen individuellen emotionalen Konditionierungen, all dies liefert stets und unausweichlich seine Parameter ans Bewußtsein und bestimmt dieses mit, ist Teil dieses Bewußtseins, solange wir "bei Bewußtsein sind", und zwar nicht nur im Hinblick darauf, wovon wir ein Bewußtsein haben, sondern als Mitkonstituenden, daß wir ein solches haben. Weiter ist mir dabei bedenklich, daß Ihre Definition von Bewußtsein nunmehr damit identifiziert wird, was ich als eine Konstituende dieses Bewußtseins bezeichnen würde: Analog-Operationen vornehmen zu können. Ein funktioneller Teil wird nun als das Ganze genommen. Wie aber schon gesagt, machen jedenfalls meiner Definition nach weder Intelligenz noch Analogie-Operationen dasjenige aus, was wir Bewußtsein nennen, ja, für bloßes Empfindungsbewußtsein, wie wir es bei Tieren antreffen, ist beides nicht einmal notwendig. Obwohl ich meine, das Bewußtsein weder metaphorisch zu verklären noch mystisch zu überhöhen, ist es mir doch mehr, besser: anderes als "eine Analogwelt auf sprachlicher Basis". Es ist übrigens nicht nur ein sprachliches Problem, wenn Sie einerseits Bewußtsein als den "herstellenden Analogieoperator" bezeichnen, um im nächsten Satz die Ergebnisse dieses Operators, seine Analogwelt, ebenfalls als "das Bewußtsein" zu definieren. Einmal sprechen Sie damit von der Funktion, ein andermal von deren Inhalt, beides kann aber nicht dasselbe sein? Dieser Schwierigkeit einerseits des funktionellen Festmachens, andererseits des inneren Gehaltes von Bewußtsein in all seinen Formen versuche ich dadurch zu entgehen, daß ich Bewußtsein als einen Zustand auffasse, der sich aus der Vernetzung bestimmter Konstituenden ergibt, und das "als solches" ebensowenig zu fassen ist wie etwa der "Wille" beides selbst sind "metaphorische" Begriffe "a priori", denen ebensowenig eine "bestimmte und sezierbare Stelle" zuzurechnen ist wie der "Seele". Diesen Zustand in seiner Komplexität maschinell nachzubauen erscheint mir problematisch, während Sie maschinelles Bewußtsein für möglich halten, und deshalb sind Sie gleichzeitig genötigt, Ihre Definition von Bewußtsein selbst zu verändern und zu funktionalisieren, um es letztlich auf die "Funktion eines faßbaren Teiles" zu reduzieren: der Analogieoperator, den man dann nur noch als "hoch organisierte technische abstrakte Struktur" nachzubauen hätte, um im Wege der "Organisatorischen Invarianz" Bewußtsein zu erzeugen? Ihre Ausführungen zur Logik in der Medizin, die sich insbesondere mit der praktischen Anwendung der Fuzzy-Logik befassen, habe ich mit großem Interesse gelesen, deckt es sich doch, was jedenfalls das "Verfahren im Groben" anlangt, mit meinen Vorstellungen (die Einzelheiten muß ich schon Ihnen als Spezialisten überlassen!). Jedenfalls kommen Sie im Hinblick auf die Intelligenz von Maschinen zu dem nämlichen Ergebnis, wie ich es oben schon hingesetzt habe: sie sollten die Regeln selbst entwerfen können. Ihre abwägende Darstellung der Nahziele der KI, zur Wissenserschließung und zur "Leere" aus Ihrer Sicht war für mich sehr interessant und ich habe sie, soweit jedenfalls mein Verständnis hierin reichte, zum allergrößten Teil zustimmend zur Kenntnis genommen; Sie konnten mir damit unter anderem auch zeigen, daß man insbesondere in der Lernfähigkeit und der partiellen Selbstregulation ("Bewertungsrichtlinie") heute offenbar schon weiter ist, als ich selbst annahm. Die "Intelligenz" von Maschinen, also dem menschlichen Gehirn vergleichbare konkrete Operationen durchzuführen, wird von niemandem und auch von mir nicht bezweifelt werden; und daß hier noch immense Möglichkeiten offenstehen, rationale menschliche Fähigkeiten zumindest analog auf Maschinen zu übertragen, ist ebenso unbestreitbar; im Gegenteil, Computer liefern uns bereits jetzt und noch mehr wohl in der Zukunft Ergebnisse, an die wir ohne diese niemals gekommen wären. Persönlich gehe ich sogar (jedenfalls spekulativ) soweit, daß Computer durchaus ein Instrument des Menschen zur Weiterführung der eigenen kulturellen Evolution sein könnten, indem er dadurch selbst Datenbestände und neue Interpretationsfähigkeiten hinzugewinnt, die einen ebensolchen "Quantensprung" erlauben könnten, wie es derjenige vom Verstand zur Vernunft einst war. Aber Bewußtsein? Ich stimme Ihnen gerne zu, daß es kein grundsätzliches (wenn auch wohl ein technisches) Problem ist, die menschlichen Bewußtseinskonstituenden einschließlich der Emotio zumindest analog nachzubauen, mit Hintergrundwissen und selbst variierbaren Entscheidungsregularien zu versehen und vertikal zu vernetzen: auch der Mensch besteht aus Materie, die im langen Laufe der Evolution lernte, Bewußtsein hervorzubringen. Gehen wir also einmal davon aus, der "Gehalt des Bewußtseins" bei Mensch und Maschine könnte, zumindest analog, ganz vergleichbar sein und würde bei bestimmten Sinnes- oder sonstigen Reizen zu ganz gleichen "Äußerungen" führen (ein solcher Computer würde dann ja auch "sprechen" können); nehmen wir an, wir hätten unserem Computer bereits auch eine Art Emotio-Zentrum eingebaut, an dem er selbst ablesen kann, ob er sich wohl fühlt oder nicht bei eingehenden Reizen. Würde dieser Computer wirklich leiden? Hätte er ein eigenes Bewußtsein dessen, was Leiden ist, was Liebe ist? Zuletzt ist Bewußtsein vor allem das Bewußtsein der eigenen Lebendigkeit und des eigenen Wollen- und Scheiternkönnens einschließlich des Bewußtseins, dafür jeweils einstehen zu müssen. Wie wollen wir der Maschine diese Eigenlebendigkeit, den Quell unserer Aktivität und all unseres Handelns und Strebens übertragen, wenn wir nicht in der Lage sind, auch nur einen Grashalm zum Leben zu erwecken? Unser Selbstbewußtsein ist mehr als ein "narratives Ich" das ist nur das Gefäß unserer Ratio für ihre Art der Interpretation; denn dieses zunächst narrative Ich wird sehr eigenlebendig, sobald der Verstand im Menschen erscheint und zunächst im Verein mit der Emotio die Leitung übernimmt. Diese narrative Fiktion, die sich nicht "greifen" läßt, wird für den Menschen ebenso bedeutsam, wie es für einen Stern sein Zentrum ist: alle Wirkungen aus und auf diesen Stern fallen so aus, als ob sie aus seinem Zentrum stammen. Auch im Stern können Sie das Zentrum nicht finden, und doch ist es ganz real, als Wirkungszentrum ganz ebenso das Ich. Keine Maschine aber kann je von sich aus wirken wollen, ebensowenig wie sie leiden oder lieben kann; es läßt sich ihr womöglich ein funktionales Ich-Zentrum einpflanzen ähnlich dem menschlichen Bewußtseinsspiegel, aber kein existentielles. Sie sind der . Besucher seit dem 09.02.2001.
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